Axel
Walz, GF der A/S Logcare GmbH in Gersthofenund GF der Argo
Personal Service GmbH in Hamburg
Branchenzuschlagstarife
– Ein zweischneidiges Schwert
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Diese Forderung der
Gewerkschaften ist der Ursprung der
Branchenzuschlagstarifverträge, die in Deutschland am 1. November
2012 innerhalb der Metall- und Chemiebranche eingeführt wurden.
Auf Druck der Bundesarbeitsministerin sind an Allerheiligen die
beiden Pilotregelungen in Kraft getreten; eine Kompromisslösung,
die die Lohndifferenz zwar nicht gänzlich, jedoch größtenteils
aufhebt. Ab Januar nächsten Jahres folgen Zuschläge in den
Bereichen Kunststoff und Kautschuk, ab April Textil & Holz
sowie Eisenbahn und Schienenverkehr. Verhandlungen laufen auch mit
der NGG (Nahrungs-, Gaststätten und Genuss), Ver.di
(Dienstleistungen), der GdP (Gewerkschaft der Polizei), der IG Bau
und der GEW (Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft). Doch
wie viel geregelte Gleichheit verkraftet eine freie
Marktwirtschaft? Und wie beurteilt die Zeitarbeitsbranche die
neuen Zuschläge? Axel Walz, Geschäftsführer der A/S Logcare
GmbH und der Argo Personal Service GmbH, sieht in den neuen
Zuschlägen Herausforderung und Chance zugleich.
Um bei der aktuellen Diskussion über die Branchentarifzuschläge
mitreden zu können, sollte man zunächst einmal deren
Grundprinzip verstehen. Und das ist denkbar einfach: Je länger
ein Zeitarbeiter in einem Unternehmen tätig ist, desto mehr
nähert sich sein Lohn dem eines Stammbeschäftigten an.
Nicht ganz so einfach sieht dagegen die Umsetzung aus, denn diese
erfolgt in einem Stufensystem. 15 Prozent Zuschlag winken ab dem
1. November den etwa 200.000 Beschäftigten, die mindestens sechs
Wochen an den gleichen Betrieb der Metall- oder Chemieindustrie
„ausgeliehen“ sind. Zusätzlich steigt der Tariflohn in der
Entgeltgruppe 1 um 30 Cent auf 8,19 Euro pro Stunde im Westen und
um 49 Cent auf 7,50 Euro im Osten.
Danach steigern sich die Löhne etappenweise. Die höchsten
Zuschläge fallen in der Metallbranche an. Ab August 2013 erhalten
hier die ersten einen Lohnzuschlag von 50 Prozent, wenn sie
mindestens neun Monate im gleichen Betrieb tätig sind. So lassen
sich für einen Zeitarbeitnehmer 90 Prozent des Lohnes erzielen,
den die Stammbelegschaft verdient. Bei Hilfskräften
beispielsweise entspricht dies einem Stundenlohn von 12,28 Euro.
Die Regeln für die Chemieindustrie sehen ähnlich aus. Sie hat in
den niedrigen Lohngruppen die gleichen Stufen, in den höheren
fallen sie mit 10 bis 35 Prozent Zuschlag etwas geringer aus.
Umstrukturierung des Marktes: Wer schläft, verliert
Höhere Löhne bedeuten für die Zeitarbeitsunternehmen höhere
Kosten. Diese werden von den Dienstleistungsunternehmen
größtenteils an ihre Kunden weitergegeben. Der enorme
Kostenvorteil, den Zeitarbeit bisher häufig für die
Kundenunternehmen mit sich brachte, wird damit relativiert. 40
Prozent der befragten Zeitarbeitsunternehmen rechnen daher bereits
heute mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Derzeit
existieren in Deutschland über 12.000 Zeitarbeitsfirmen. In den
kommenden Jahren rechne ich mit einer Umstrukturierung des
Marktes, bei der es, wie so oft im Leben, Gewinner und Verlierer
geben wird. Ich vermute, dass sich die Zahl der am Markt
verbleibenden Unternehmen bei etwa 8.000 einpendeln wird, wie vor
Einführung der Tarifverträge im Jahre 2004. Zu den Gewinnern der
Branche werden letzten Endes jene Firmen zählen, die neben den
zusätzlichen Kostenbelastungen und dem höherem administrativem
Aufwand, auch die Chancen wahrnehmen, die die Einführung der
Tarifzuschläge zweifelsohne mit sich bringen wird. Steigende
Löhne und Gehälter werden der Branche nämlich auch zu mehr
Akzeptanz verhelfen. Gerade für Höherqualifizierte wird die
Zeitarbeit somit zu einer ernst zu nehmenden Alternative. So
werden wir den Kunden künftig noch besseres Personal zur
Verfügung stellen und uns andererseits der Konkurrenz zu
Unternehmen anderer Branchen im so genannten „war for talents“
stellen können. Wer diese Entwicklung nicht verschläft und sich
strategisch neu ausrichtet, kann durchaus von den Zuschlägen
profitieren. Argo hat sich dieser Entwicklung bereits frühzeitig
angepasst. Wir haben (...)
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