Tarifliche
Branchenzuschläge im Fokus:
ArbG Stuttgart zur Beweislast
und zur Wirksamkeit der "Deckelung"
Problemstellung
In der Zeitarbeit gelten inzwischen neun verschiedene
Tarifverträge zu Branchenzuschlägen, die im Kundenbetrieb an den
Zeitarbeitnehmer als „Aufschlag“ zu der vertraglich
vereinbarten Vergütung zu zahlen sind (jeweils abrufbar unter:
http://ig-zeitarbeit.de/datei/13262); bei sich erhöhender
Einsatzdauer steigen auch die von dem Personaldienstleister dem
anspruchsberechtigten Zeitarbeitnehmer zu gewährenden Zuschläge.
Zunächst war es lange Zeit still um die Auslegung der
entsprechenden Tarifverträge – dies scheint sich nunmehr zu
ändern. Nachdem sich bereits das ArbG Köln (Urt. v. 01.10.2013 -
14 Ca 2242/13; dazu: Bissels, jurisPR- ArbR 1/2014 Anm. 1)
kürzlich mit der Bestimmung des fachlichen Geltungsbereichs des
am 01.11.2012 in Kraft getretenen Tarifvertrages über
Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall-
und Elektroindustrie („TV BZ ME“) befassen musste, wurde vor
dem ArbG Stuttgart u.a. über die Darlegungslast des
Zeitarbeitsunternehmens und die Wirksamkeit der tariflich
vorgesehenen Möglichkeit der Kürzung der Branchenzuschläge
gestritten.
Nach § 2 Abs. 4 TV BZ ME sind diese nämlich grundsätzlich auf
die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt
eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs beschränkt.
Bei der Feststellung dieses Vergleichsentgelts bleibt das
Äquivalent einer durchschnittlichen Leistungszulage der Branche
unberücksichtigt. Der Kundenbetrieb hat das regelmäßig gezahlte
Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers nachzuweisen.
Nach der Protokollnotiz Nr. 3 („Auslegung zur Deckelungsregelung“)
zum TV BZ ME stellt § 2 Abs. 4 TV BZ ME eine Ausnahmeregelung
dar, die die individuelle Ermittlung des laufenden regelmäßig
gezahlten Stundenentgelts eines vergleichbaren Arbeitnehmers des
Einsatzbetriebs erfordert. Sie ermöglicht im Einzelfall eine
Beschränkung des Branchenzuschlags, wenn der Kunde eine
entsprechende Deckelung geltend macht. Ziff. 2 des
Verhandlungsergebnisses zwischen BAP, iGZ und IG Metall vom
22.05.2012 sieht vor, dass die Tarifvertragsparteien darin
übereinstimmen, dass das Äquivalent einer durchschnittlichen
Leistungszulage gemäß § 2 Abs. 4 TV BZ ME pauschal 10%
beträgt.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Seit dem 10.10.2011 wird der klagende Zeitarbeitnehmer von seinem
Arbeitgeber, einem Personaldienstleister, bei einem Unternehmen
der Metall- und Elektroindustrie als Servicetechniker eingesetzt.
Auf das Arbeitsverhältnis ist u.a. der TV BZ ME anwendbar.
Das Zeitarbeitsunternehmen rechnete neben dem tariflichen
Grundlohn die entsprechenden Branchenzuschläge (zu deren Höhe:
§ 2 Abs. 3 TV ME BZ) ab, deckelte die ausgezahlten Beträge
jedoch unter Berufung auf § 2 Abs. 4 TV BZ ME auf 12,37 Euro
brutto/Stunde (= 90% des Vergleichsentgelts). Bereits mit
Schreiben vom 15.10.2012 hatte die Muttergesellschaft des
Einsatzunternehmens dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass das Entgelt
eines vergleichbaren Servicetechnikers 13,84 Euro brutto/Stunde
beträgt. Insgesamt kürzte der Personaldienstleister die
Zuschläge von Dezember 2012 bis Oktober 2013 um insgesamt
4.383,41 Euro brutto. Diese (unstreitige) Differenz macht der
Zeitarbeitnehmer nunmehr gerichtlich geltend.
Das ArbG Stuttgart hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben (mit
Ausnahme der fehlerhaft berechneten Zinsen): Der Arbeitgeber soll
die Voraussetzungen der tariflichen Deckelung auf die Differenz
zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines
vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs nicht hinreichend
dargelegt haben. Da es sich um eine für den Personaldienstleister
günstige Ausnahmeregelung handele, träfe diesen die volle
Darlegungs- und Beweislast. Die schlichte Vorlage der
schriftlichen Bestätigung genüge insoweit nicht. Zunächst sei
dieser keinerlei Geltendmachung einer Deckelung zu entnehmen, wie
es in Protokollnotiz Nr. 3 für eine Beschränkung der Zuschläge
vorgesehen sei. Selbst wenn das Schreiben als eine konkludente
Geltendmachung zu qualifizieren wäre, erfolgte diese aber nicht
„durch den Kundenbetrieb“, sondern ausschließlich durch die
Muttergesellschaft des Einsatzunternehmens.
Auch im Übrigen genüge das Schreiben nicht den notwendigen
Anforderungen, um das bestrittene Vergleichsentgelt hinreichend
darzulegen. Nach Ansicht des ArbG Stuttgart könne die
Rechtsprechung des BAG, nach der ein (...)
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