Zu
den Vorstellungen der SPD zur Eingrenzung von Werkverträgen
1. Einführung
Am 19.02.2013 leitete die
SPDFraktion dem Deutschen Bundestag einen Gesetzesantrag zu, der
den Titel trägt: „Missbrauch von Werkverträgen bekämpfen“1.
Nachdem zunächst dargelegt wird, dass es immer wieder zu
Missbräuchen jedweder Vertragsgestaltungen, ob durch Werk- oder
Dienstverträge, zulasten der Arbeitnehmer komme, und einzelne
Unternehmen der Fleischwirtschaft namentlich an den Pranger
gestellt werden, leider ohne die Angaben empirisch zu
verifizieren, beantragt die SPD unter anderem die Änderung und
Erweiterung einzelner Regelungen des Arbeit -
nehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und des
Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Den bemerkenswertesten
Abschnitt stellt sicherlich die vorgesehene Einführung eines Abs.
1a in § 1 AÜG dar, der einen Vermutungskatalog für das
Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung statt Werk- oder
Dienstverträgen enthält.
2. Aufnahme eines Vermutungskatalogs in § 1 AÜG
Eingeleitet wird § 1 Abs. 1a AÜG durch die Festlegung, dass das
Vorliegen von drei der insgesamt sieben Abgrenzungsmerkmale
automatisch zur Annahme von Arbeitnehmerüberlassung führt.
Sodann folgen die sieben Merkmale.
§ 1 Abs. 1a Nr. 1 AÜG stellt auf das äußere Erscheinungsbild
ab. Dieses Kriterium wird häufig erfüllt sein. Bereits die
Verwendung des Begriffs des äußeren Erscheinungsbilds erscheint
problematisch, was an folgendem Beispiel verdeutlich werden kann:
Im Büro eines Telekommunikationsunternehmens sind die
Festangestellten damit befasst, Anrufe von Kunden entgegenzunehmen
und Fragen zu bestehenden Verträgen oder Rechnungen zu
beantworten. Im gleichen Büro sind Werkvertragsarbeitnehmer
tätig, die Kundenakquise betreiben und nach Vertragsabschlüssen
entlohnt werden. Gemeinsam ist ihnen das Telefonieren; die
verfolgten Zwecke jedoch könnten unterschiedlicher nicht
sein.
In Nr. 2 wird auf die Verwendung von Material oder Werkzeug des
Einsatzbetriebs abgestellt. Diese Kriterien wurden zwar von der
Rechtsprechung herangezogen . Man hat ihnen früher jedoch keinen
pauschalen Wert zugewiesen, der zwingend auf
Arbeitnehmerüberlassung hinweist, wie dies im Rahmen dieses
Vermutungskatalogs der Fall wäre. Viel mehr fand eine Würdigung
der Umstände des Einzelfalls stets mit Blick auf die Wertung des
gesamten Sachverhalts statt. Mittlerweile misst die Rechtsprechung
diesen Kriterien kaum noch Bedeutung bei . Schwierigkeiten
bereitet bereits die Auslegung der Begriffe „Material“ und
„Werkzeug“. So könnte man trefflich darüber diskutieren, ob
solch ein allgemeines Gut wie Leitungswasser Material und ein
Kran, mit dem die Werkevertragsarbeitnehmer ein großes Teilstück
in einer Halle vom einen an den anderen Ort zur weiteren
Tätigkeitsausübung transportieren, Werkzeug des Einsatzbetriebs
ist. Es ist anzunehmen, dass es einer Rechtsprechung von drei bis
vier Jahren bedürfen würde, um diese Kriterien sicher anwenden
zu können. Dies steht in großem Widerspruch zum Ziel der
Bundesregierung, Prüftätigkeiten der zuständigen Behörden zu
erleichtern und Rechtssicherheit bei der Anwendung von
Abgrenzungsmerkmalen durch gesetzliche Niederlegung zu schaffen4 .
Gänzlich unbeantwortet bleibt bei diesem Kriterium, wie der
Sachverhalt zu beurteilen ist, wenn der Unternehmer die
Materialien erwirbt und dem Besteller in Rechnung stellt.
Nach Nr. 3 deute es auf Arbeitnehmerüberlassung hin, wenn kein
Ergebnis geschuldet wird, „das dem Arbeitgeber zugerechnet
werden kann“. Auf Dienstverträge, gegen deren Missbrauch
entgegen des Titels des Gesetzesantrags auch vorgegangen werden
soll, ist dieses Kriterium mangels geschuldeten Ergebnisses nicht
anwendbar. Bei Werkverträgen ist es dagegen längst
anerkannt.
Ein vertraglicher Ausschluss der Gewährleistung sei nach Nr. 4
ebenso ein Hinweis für das Vorliegen von
Arbeitnehmerüberlassung. Auch dieses Kriterium ist für die
Abgrenzung von (...)
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