Dr.
Alexander Bissels
TV BZ ME: Befreiender
"Rundumschlag" aus Hamm
Das LAG Hamm hat sich in einem
jüngst veröffentlichten Urteil mit einigen für die Praxis
bedeutsamen Aspekten in Zusammenhang mit der Anwendung des TV BZ
ME beschäftigen müssen, u.a. mit der Wirksamkeit der tariflichen
Deckelungsregelung (Urt. v. 28.07.2014 – 17 Sa 1479/13). Im
Ergebnis ist diese Entscheidung – zumindest aus Sicht der
Zeitarbeitsunternehmen – höchst erfreulich, bestätigt das
Gericht doch zahlreiche Rechtsansichten im Sinne der
Personaldienstleister.
Entscheidung des LAG Hamm
Die klagende Zeitarbeitnehmerin wurde von dem
Personaldienstleister als Helferin in einem Kundenbetrieb der
Metall- und Elektroindustrie eingesetzt. In diesem wurden jedoch
die Tarifverträge der Metallund Elektroindustrie nicht
angewendet. Der Kunde füllte einen Fragebogen des
Personaldienstleisters zu den Branchenzuschlägen aus. Dort
bezifferte er das Vergleichsentgelt für einen von ihm
beschäftigten Produktionshelfer mit 9,00 € brutto/ Stunde. Eine
Deckelung der Branchenzuschläge gem. § 2 Abs. 4 TV BZ ME machte
das Kundenunternehmen hingegen zumindest nicht ausdrücklich
geltend. Die Zeitarbeitnehmerin beanspruchte in der Folge die
Zahlung eines ungedeckelten Branchenzuschlags. Dabei berief sie
sich u.a. darauf, dass der von der Kundenfirma ausgefüllte
Fragebogen keinen Nachweis i.S.d. § 2 Abs. 4 TV BZ ME darstelle.
Das LAG Hamm hat mit einer überzeugenden Begründung die von der
Zeitarbeitnehmerin gegen das klageabweisende Urteil des ArbG
Iserlohn (Urt. v. 11.09.2013 - 1 Ca 903/13) eingelegte Berufung
aufgrund der Deckelung der Branchenzuschläge (auf 90 % des
Vergleichsentgelts) weit überwiegend zurückgewiesen. Zunächst
geht das Gericht davon aus, dass die entsprechende tarifliche
Regelung in § 2 Abs. 4 TV BZ ME Ausnahmecharakter habe und sich
der Kundenbetrieb auf diese berufen müsse. Dabei sei aber nicht
erforderlich, dass die entsprechende Geltendmachung ausdrücklich
erfolgen müsse. Eine solche könne sich aus konkludentem Handeln
ergeben, vorliegend durch die Beantwortung des Fragebogens zum
Branchenzuschlag durch das Kundenunternehmen. Ausreichend sei,
dass dieses Angaben zu den Stundenentgelten vergleichbarer
Arbeitnehmer gemacht habe. Diese Ausführungen seien nur dann
sinnvoll und erforderlich, wenn § 2 Abs. 4 TV BZ ME Anwendung
finden solle. Nur in diesem Fall komme es nämlich überhaupt auf
das Entgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers an.
Nach der Protokollnotiz Nr. 3 zum TV BZ ME erfordere die
Beschränkung des Branchenzuschlags auf die Differenz zu dem
laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines
vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs dessen
individuelle Ermittlung. Die Tarifvertragsparteien hätten aber
keine eigene Regelung getroffen, wann Arbeitnehmer vergleichbar
seien. Da der TV BZ ME jedoch dem Ziel diene, die materiellen
Arbeitsbedingungen der Zeitarbeitnehmer an die der Beschäftigten
des Kundenbetriebs entsprechend dem equal pay-Grundsatz
anzugleichen, könne auf das Verständnis des Begriffs des
vergleichbaren Arbeitnehmers in der gesetzlichen Regelung
(nämlich insbesondere in § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG) zurückgegriffen
werden. Danach sei eine konkrete Betrachtung bezogen auf die
Tätigkeit anzustellen. Vergleichbar seien Tätigkeiten, wenn sie
einander entsprächen, sich also ähnelten. Dies sei der Fall,
wenn sie auf einer Hierarchieebene angesiedelt seien und
vergleichbare Anforderungen stellen würden. Die
Zeitarbeitnehmerin sei als Helferin tätig gewesen. Vergleichbar
seien folglich in dem Kundenbetrieb tätige Produktionshelfer.
Eine weitere Differenzierung der Tätigkeit ergebe sich weder aus
der Kundenauskunft noch aus dem Vorbringen der Parteien.
Mit Blick auf das von einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer
regelmäßig erzielte Stundenentgelt seien die Grundsätze, die
das BAG zur Darlegungs- und Beweislast im Rahmen eines Anspruchs
des Zeitarbeitnehmers nach § 10 Abs. 4 AÜG entwickelt habe,
spiegelbildlich anwendbar (so auch: ArbG Osnabrück v. 18.09.2013
- 2 Ca 180/13; ArbG Oldenburg v. 11.07.2013 - 6 Ca 49/13; Bissels,
jurisPR-ArbR 4/2014 Anm. 1; abweichend: ArbG Stuttgart v.
21.11.2013 - 24 Ca 4398/13). Danach sei der Personaldienstleister
verpflichtet, dem Zeitarbeitnehmer die im Betrieb des Kunden für
vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen
Arbeitsbedingungen zu gewähren. Die Höhe des Entgelts eines
vergleichbaren Arbeitnehmers sei (...)
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