Dr.
Alexander Bissels
Aktuelle Rechtsprechung
zur Anwendung und Auslegung des TV Leih-/Zeitarbeit
Bereits im Jahr 2012 wurde für die Metall- und
Elektroindustrie zwischen den Arbeitgeberverbänden Metall und der
IG Metall der Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit (nachfolgend: TV LeiZ)
abgeschlossen, der den Einsatz von Zeitarbeitnehmern in diesem
Bereich (erstmals) tarifiert. Vorgesehen ist u.a., dass das
Kundenunternehmen nach einer Einsatzdauer von 18 Monaten zu
prüfen hat, ob dem Zeitarbeitnehmer ein unbefristeter
Arbeitsvertrag angeboten werden kann. Nach 24 Monaten der
Überlassung hat der Kunde dem Zeitarbeitnehmer einen
unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Ein solches kann nach
Beratung mit dem Betriebsrat bei akuten Beschäftigungsproblemen
entfallen. Bei Unterbrechungen von weniger als drei Monaten werden
Einsatzzeiten im selben Betrieb addiert. Beschäftigungszeiten
zählen ab dem Inkrafttreten des Tarifvertrages, unabhängig vom
tatsächlichen Eintrittstermin des Zeitarbeitnehmers vor
Inkrafttreten des Tarifvertrages.
Nach dem sog. Optionsmodell bestehen die o.g. Prüf- und
Übernahmepflichten des Kundenunternehmens nicht, wenn mit dem
Betriebsrat eine freiwillige Betriebsvereinbarung über den
Einsatz von Zeitarbeit und die Ausgestaltung der betrieblichen
Flexibilität abgeschlossen wurde, in der u.a. die Höchstdauer
des Einsatzes und Übernahmebestimmungen festgelegt werden
können.
Inzwischen liegen die ersten gerichtlichen Entscheidungen zu
diesem – zumindest aus rechtshistorischer Sicht – neuartigen
Tarifwerk vor, die sich im Wesentlichen mit den
Übernahmeregelungen des TV LeiZ befassen. "Sperrspitze"
in diesem Zusammenhang ist das LAG Baden- Württemberg.
Prüfung der Übernahme in ein Arbeitsverhältnis
Hinsichtlich des Prüfanspruchs des eingesetzten Zeitarbeitnehmers
auf Übernahme nach einer Einsatzdauer von 18 Monaten hat die 3.
Kammer des LAG Baden-Württemberg festgestellt, dass Ziff. 4.1, 1.
Spiegelstrich TV LeiZ keine materiellen Pflichten des
Kundenunternehmens bei der Prüfung begründet, ob die
Beschäftigung des Zeitarbeitnehmers in einem unbefristeten
Arbeitsverhältnis möglich ist – auch nicht im Sinne einer
Ermessensbindung oder -begrenzung (Urt. v. 18.12.2014 - 3 Sa
33/14).
Das BAG habe zu § 30 Abs. 3 S. 2 TVöD, nach dem der Arbeitgeber
vor Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses zu prüfen habe,
ob eine befristete oder unbefristete Weiterbeschäftigung möglich
sei, entschieden, dass diese Bestimmung ausschließlich
verfahrensrechtliche Bedeutung habe und keine materiellen
Pflichten bei der Prüfung begründe, ob die Weiterbeschäftigung
eines befristet eingestellten Arbeitnehmers möglich sei (vgl. BAG
v. 15.05.2012 - 7 AZR 754/10). Die dort vom BAG für maßgeblich
erachteten Gesichtspunkte seien auf den TV LeiZ übertragbar.
Ausdrückliche materielle Vorgaben seien in Ziff. 4.1, 1.
Spiegelstrich TV LeiZ nicht enthalten. Mit der erfolgten
Festlegung des Zeitpunkts der Prüfung, die den Schwerpunkt der
Regelung bilde, solle sichergestellt werden, dass eine eventuelle
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem Arbeitsverhältnis zum
Kunden rechtzeitig erkannt und ggf. umgesetzt werde. Materielle
Vorgaben für diese Prüfung seien somit auch nicht erforderlich.
Ziff. 4.1, 1. Spiegelstrich TV LeiZ regele damit zwar eine
Prüfpflicht, stelle jedoch keine (weiteren) materiellen
Voraussetzungen für das Prüfprogramm auf, auch nicht im Sinne
einer Ermessenbindung oder -begrenzung. Eine Dokumentation der
Prüfung oder deren Ergebnisse sei ebenfalls nicht
erforderlich.
Da die Prüfpflicht der rechtzeitigen Vorbereitung eines eventuell
zu unterbreitenden Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrages
diene, dürfte diese jedenfalls mit Ablauf des
Überlassungszeitraums von 24 Monaten (Ziff. 4.1, 2.
Spiegelstrich, S. 1 TV LeiZ) entfallen, da der Kunde entweder
einen Arbeitsvertrag anbieten müsse oder ein solches Angebot nach
Ziff. 4.1, 2. Spiegelstrich, S. 2 TV LeiZ unterlassen könne.
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