Dr.
Alexander Bissels
Änderungsbedarf bei
arbeitsvertraglichen Verfallfristen
Ab dem 01.10.2016 gelten strengere gesetzliche Regelungen für
AGB. Arbeitgeber müssen deswegen ihre Standardarbeitsverträge
überarbeiten. Dies gilt insbesondere für Personaldienstleister,
die – unabhängig von den tariflichen Regelungen –
"eigene" Ausschlussfristen in ihren Arbeitsverträgen
vorgesehen haben. Ansonsten drohen Nachteile bei gerichtlichen
Auseinandersetzungen.
I. Hintergrund
Bereits ab dem 01.10.2016 sind wegen § 309 Nr. 13 BGB n.F.
vorformulierte Vertragsbedingungen unwirksam, die Anzeigen und
Erklärungen gegenüber dem Vertragspartner an "eine
strengere Form als die Textform" binden. Bisher waren AGB
nach § 309 Nr. 13 BGB a.F. unwirksam, wenn sie Erklärungen an
eine "strengere Form als die Schriftform" gebunden
haben. Zukünftig dürfen Klauselverwender daher in ihren AGB nur
noch verlangen, dass der Vertragspartner Erklärungen in Textform
abgibt.
Sieht ein Gesetz die Schriftform vor, ist diese Form
grundsätzlich nur gewahrt, wenn eine Erklärung eigenhändig im
Original unterzeichnet wird. Die eigenhändige Unterschrift kann
der Erklärende durch ein notariell beglaubigtes Handzeichen oder
durch die qualifizierte elektronische Signatur bei einer
elektronischen Erklärung, die seinen Namen nennt, ersetzen (§§
126, 126a BGB). EMail oder Telefax genügen der gesetzlichen
Schriftform nicht. Die gesetzliche Textform wahrt, wer eine
lesbare Erklärung, die den Namen des Erklärenden nennt, auf
einem dauerhaften Datenträger abgibt, also etwa eine E-Mail oder
ein Computer- Fax schreibt.
Vereinbaren die Parteien in einem (Arbeits-)Vertrag für
Erklärungen die Schriftform, gelten grundsätzlich die strengen
Anforderungen der §§ 126, 126a BGB. Ist allerdings kein anderer
Wille der Parteien ersichtlich, genügt es, eine Erklärung dem
Vertragspartner telekommunikativ zu übermitteln. Erklärungen,
die archivierbar oder ausdruckbar sind, erfüllen damit die
vereinbarte Schriftform (§ 127 Abs. 2 BGB).
Dass eine Erklärung in Textform genügt, wenn ein (Arbeits-)Vertrag
eine "schriftliche" Erklärung verlangt, wissen – nach
der Gesetzesbegründung – viele Verbraucher und Arbeitnehmer
nicht. § 309 Nr. 13 BGB soll AGB-Verwender deswegen zwingen, der
anderen Vertragspartei auch im Vertrag darzustellen, was bereits
Rechtslage ist: Für wirksame, "schriftliche"
Erklärungen genügt es, die Textform einzuhalten; ein
eigenhändig unterzeichnetes Schreiben ist entbehrlich.
II. Kommentar
Für den Gesetzgeber ist die Änderung von der Schrift- zur
Textform in § 309 Nr. 13 BGB n.F. nur klarstellend; Arbeitgeber
hingegen müssen deswegen ihre Standardarbeitsverträge
spätestens zum 01.10.2016 darauf kontrollieren, welche Form der
Erklärung sie vom Arbeitnehmer verlangen.
Die gesetzliche Neuregelung wirkt sich auf Ausschlussfristen aus,
die fast jeder Standardarbeitsvertrag enthält. Ausschlussfristen
zielen darauf ab, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zügig zu
klären. In Arbeits- und Tarifverträgen üblich sind zweistufige
Ausschlussfristen: Beide Parteien müssen auf der ersten Stufe
ihre (vermeintlichen) Ansprüche innerhalb einer gewissen Frist
beim Vertragspartner geltend machen; angemessen sind dafür drei
Monate. Die Ansprüche erlöschen nach Ablauf der Frist. Auf der
(fakultativen) zweiten Stufe sind die Ansprüche gerichtlich
einzuklagen, falls der Vertragspartner die Ansprüche ablehnt oder
sich innerhalb einer Frist dazu nicht erklärt.
Für arbeitsvertragliche Ausschlussfristen muss ein Arbeitgeber
die Form von Anzeigen auf der ersten Stufe anpassen; die "schriftliche
Geltendmachung" vermeintlicher Ansprüche kann die
Klausel nicht mehr wirksam vom Arbeitnehmer verlangen. Betroffen
sind auch Personaldienstleister, die in ihren Arbeitsverträgen
eine konstitutive Ausschlussfrist vorgesehen haben, die
unabhängig von tarifvertraglichen Verfallfristen gelten soll.
Die Verschärfung in § 309 Nr. 13 BGB n.F. erfasst nur
Schuldverhältnisse, die nach dem 30.09.2016 entstehen (Art. 229
§ 37 EGBGB n.F.). Arbeitsverträge, die bis zu diesem Datum
geschlossen sind, muss der Arbeitgeber nicht überarbeiten. Offen
ist allerdings, ob die Rechtsprechung nachträgliche Änderungen
bestehender Arbeitsverträge nicht auch als neu entstandene
Schuldverhältnisse wertet. Zur Sicherheit sollte der Arbeitgeber
jede vertragliche Änderung ab dem (...)
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