Dr.
Alexander Bissels
"Update
Branchenzuschlag": Fachlicher Geltungsbereich des TV BZ ME
In der Zeitarbeitsbranche sind inzwischen zahlreiche
Tarifverträge abgeschlossen worden, die in Abhängigkeit zur
Einsatzdauer in einem Kundenbetrieb eine prozentuale Aufstockung
des dem überlassenen Mitarbeiter zu gewährenden Entgelts
vorsehen, u.a. auch in der Metall- und Elektroindustrie durch den
TV BZ ME vom 22.05.2012. Durch die tariflichen Regelungen soll im
Sinne des equal pay-Gedankens eine Annäherung der Vergütung des
Zeitarbeitnehmers an das Entgelt eines im Kundenbetrieb tätigen
Stammbeschäftigten erreicht werden. Der fachliche
Geltungsbereich, der an den Kundenbetrieb und dessen Zuordnung zu
einer von dem jeweiligen Branchenzuschlagstarifvertrag erfassten
Branche anknüpft, ist in der Vergangenheit bereits mehrfach
Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen gewesen – so
auch in der nachfolgend besprochenen Entscheidung des LAG Berlin-
Brandenburg (Urt. v. 28.07.2016 - 18 Sa 521/16).
I. Entscheidung
Auf das zwischen dem beklagten Personaldienstleister und dem
Zeitarbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis sind die zwischen
dem BAP und der Tarifgemeinschaft Zeitarbeit der
DGB-Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge aufgrund einer
arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel anwendbar. Der Kläger wird
als Helfer an die XGmbH überlassen und von dieser bei der Y-AG im
Rahmen von Werkverträgen in der Qualitätskontrolle mit dem
Schleifen und dem Entgraten und in der Nacharbeit der Produktion
von Motorenteilen eingesetzt.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat auf die Berufung des Beklagten das
stattgebende Urteil des ArbG Berlin vom 26.02.2016 (Az. 28 Ca
14623/15) hinsichtlich der von dem Zeitarbeitnehmer geltend
gemachten Zahlung von Branchenzuschlägen aufgehoben und die Klage
abgewiesen. Der fachliche Geltungsbereich des TV BZ ME sei nicht
eröffnet. Nach § 1 Ziff. 2 TV BZ ME gelte dieser „für die
tarifgebundenen Mitgliedunternehmen des Bundesarbeitgeberverband
der Personaldienstleister e.V. (BAP) und des Interessenverband
Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ), die im Rahmen der
Arbeitnehmerüberlassung Beschäftigte in einen Kundenbetrieb der
Metall- und Elektroindustrie einsetzen."
Der fachliche Geltungsbereich des TV BZ ME werde nach dem insoweit
eindeutigen Wortlaut anhand der Organisationseinheit eines „Betriebs“
bestimmt. Da die Tarifvertragsparteien diesen Begriff nicht
eigenständig definiert hätten, sei davon auszugehen, dass diese
den Begriff „Betrieb“ in seiner allgemeinen rechtlichen
Bedeutung anwenden wollten. Diese sei geprägt durch den
betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff. Als Betrieb sei
danach die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln zu
verstehen, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in
Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen
und immateriellen Mitteln fortgesetzt einen bestimmten
arbeitstechnischen Zweck verfolge, der sich nicht in der
Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfe. Ob ein Betrieb der im TV
BZ ME genannten Wirtschaftszweige vorliege, bestimme sich also
nach dem in dieser organisatorischen Einheit verfolgten
arbeitstechnischen Zweck und dessen Zuordnung zu einer dieser
Branchen.
Vorliegend sei auf den Betrieb der X-GmbH, nicht hingegen auf den
der Y-AG abzustellen, denn es sei davon auszugehen, dass diese,
nämlich die X-GmbH, nach dem arbeitstechnischen Zweck ihres
Betriebs Dienstleistungen für andere Unternehmen erbringe,
nämlich für die Y-AG, und nicht etwa eine weitere
Arbeitnehmerüberlassung stattfinde. In § 1 Ziff. 2 S. 2 TV BZ ME
seien die Wirtschaftszweige angeführt, deren Betriebe als
Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie zu qualifizieren
seien, soweit sie nicht dem Handwerk zugeordnet werden müssten.
Ein solcher sei „die Automobilindustrie und der
Fahrzeugbau". Daneben gölten als Kundenbetrieb der Metall-
und Elektroindustrie die zu den genannten Wirtschaftszweigen
gehörenden Reparatur-, Zubehör-, Montage-, Dienstleistungs- und
sonstige Hilfs- und Nebenbetriebe und Zweigniederlassungen sowie
die Betriebe artverwandter Industrien. Danach sei der Betrieb der
X-GmbH kein Katalogbetrieb gem. § 1 Ziff. 2 S. 2 TV BZ ME, denn
alle dort genannten Wirtschaftszweige seien dadurch (...)
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