Dr.
Alexander Bissels
Gestellung von
Rotkreuzschwestern als Arbeitnehmerüberlassung?
Der EuGH (Urt. v. 17.11.2016 – C-216/15
"Ruhrlandklinik") hat hinsichtlich der bislang vom BAG
abgelehnten Einordnung von DRK-Schwestern als Arbeitnehmer und des
damit verbundenen Anwendungsausschlusses des AÜG nicht
abschließend entschieden, jedoch waren dem Urteil deutliche
Anhaltspunkte zu entnehmen, dass die Auffassung des BAG wohl
kippen wird. Dies hätte insbesondere zur Folge, dass das AÜG
bzgl. der in der Praxis weit verbreiteten Gestellung von
DRK-Schwestern zu beachten wäre. Inzwischen hat sich das BAG –
erstaunlich kurz nach der Entscheidung des EuGH – der Sache
angenommen – mit dem erwarteten Ergebnis (Beschl. v. 21.02.2017
- 1 ABR 62/12). Auch die Politik hat sich inzwischen in die
Angelegenheit eingeschaltet.
I. Entscheidung des BAG
Wird eine DRK-Schwester, die als Mitglied einer
DRK-Schwesternschaft angehört, von dieser in einem vom Dritten
betriebenen Krankenhaus eingesetzt, um dort nach dessen Weisung
gegen Entgelt tätig zu sein, handelt es sich laut der
Pressemitteilung des BAG vom 21.02.2017 um
Arbeitnehmerüberlassung. Der Betriebsrat des Krankenhauses kann
dieser Einstellung die erforderliche Zustimmung verweigern, wenn
der Einsatz gegen das Verbot der nicht vorübergehenden
Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG verstößt.
Die Arbeitgeberin beabsichtigte zum 01.01.2012 eine
Krankenschwester in ihrem Krankenhausbetrieb einzusetzen, die
Mitglied einer DRKSchwesternschaft ist. Grundlage hierfür ist ein
mit der DRK-Schwesternschaft geschlossener Gestellungsvertrag. Der
Betriebsrat der Arbeitgeberin verweigerte form- und fristgerecht
seine Zustimmung zu der Einstellung. Er machte geltend, es handele
sich um eine verbotene, weil dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung.
Das LAG Düsseldorf hat dem Antrag der Arbeitgeberin, die
Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen, stattgegeben. Auf das vom
1. Senat des BAG durch Beschluss vom 17.03.2015 an den EuGH
gerichtete Vorabentscheidungsgesuch hat dieser mit Urteil vom
17.11.2016 (Az. C-216/15) entschieden:
„Art. 1 Abs. 1 und 2 der Leiharbeitsrichtlinie vom 19.
November 2008 ist dahin auszulegen, dass die durch einen Verein,
der keinen Erwerbszweck verfolgt, gegen ein Gestellungsentgelt
erfolgende Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein entleihendes
Unternehmen, damit das Mitglied bei diesem hauptberuflich und
unter dessen Leitung gegen eine Vergütung Arbeitsleistungen
erbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sofern
das Mitglied aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden
Mitgliedstaat geschützt ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden
Gerichts ist. Dies gilt auch, wenn das Mitglied nach nationalem
Recht kein Arbeitnehmer ist, weil es mit dem Verein keinen
Arbeitsvertrag geschlossen hat.“
Im Hinblick darauf hat der 1. Senat des BAG den
Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin nun zurückgewiesen.
Der Betriebsrat habe die Zustimmung zu Recht verweigert. Bei der
Gestellung der DRK-Schwester handele es sich um
Arbeitnehmerüberlassung. Aufgrund der gebotenen
unionsrechtskonformen Auslegung liege diese auch dann vor, wenn
ein Vereinsmitglied gegen Entgelt bei einem Dritten
weisungsabhängig tätig sei und dabei einen Schutz genieße, der
- wie bei den DRK-Schwestern - dem eines Arbeitnehmers entspreche
– so die deutlichen Worte des BAG.
II. Bewertung
Der Beschluss des BAG hat für die Praxis bedeutsame Auswirkungen,
waren die dauerhaften Personalgestellungen von DRK-Schwestern, die
bisher außerhalb des Anwendungsbereichs des AÜG vollzogen worden
konnten, ein wesentlicher und nicht wegzudenkender Pfeiler der
Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Betriebs eines
Krankenhauses. Die Entscheidung des 1. Senats hätte zur Folge,
dass für den Einsatz von DRK-Schwestern ab dem 01.04.2017 nunmehr
die gesetzliche Überlassungshöchstdauer (§ 1 Abs. 1 S. 4, Abs.
1b AÜG) von 18 Monaten einzuhalten und ab (...)
|