Dr.
Alexander Bissels
Tarifunfähigkeit der CGZP
– eine Bilanz sechs Jahre später
Mehr als sechs Jahre nach dem Beschluss des BAG zur
Tarifunfähigkeit der CGZP vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 14/10) zieht
die DRV eine interessante Bilanz zu den
sozialversicherungsrechtlichen Folgen der Entscheidung.
In der von der DRV herausgegebenen Zeitschrift "summa
summarum" (Ausgabe 2/2017) wird dazu wie folgt berichtet:
"Kaum eine Entscheidung eines höchsten
deutschen Gerichts hat so nachhaltig auf die Arbeit der
Betriebsprüfdienste der Rentenversicherungsträger Einfluss
genommen, wie der Beschluss des BAG vom 14. Dezember 2010 zur
Tarifunfähigkeit der CGZP. Als mittelbare Folge dieses
Beschlusses waren die Grundlagen für die Beitragsansprüche zur
Sozialversicherung nicht die Löhne, die in den vermeintlichen „Tarifverträgen"
der CGZP vorgesehen waren, sondern der gesetzliche equal pay-
Anspruch.
Fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der
Entscheidung des BAG wurden sowohl die Frage des
Vertrauensschutzes als auch die meisten weiteren
sozialversicherungsrechtlichen Fragen durch das BSG geklärt und
entschieden. Im Rahmen einer Sprungrevision ist das BSG am 16.
Dezember 2015 wesentlichen Rechtsaufassungen der
Rentenversicherungsträger gefolgt (Rückwirkung des
BAG-Beschlusses, Anwendung Entstehungsprinzip, keine
Vertrauensschutztatbestände); zugleich hat das BSG deutlich
gemacht, dass hinsichtlich der Verjährung der Beitragsansprüche
ein individuell-konkretes bedingt vorsätzliches Handeln des
Arbeitgebers nachgewiesen werden muss. Eine Schätzung der
Arbeitsentgelte durch die Rentenversicherungsträger hat das BSG
grundsätzlich für zulässig erachtet.
Ein weiteres Jahr später, am 31. Dezember 2016,
waren für den Zeitraum bis 31. Dezember 2009 nahezu alle, zum
Teil äußerst aufwändigen, Prüfungen abgeschlossen: Von 3.286
betroffenen Arbeitgebern waren 3.274 geprüft (CGZP-I), davon
2.168 - also ungefähr zwei Drittel - mit Beitragsnacherhebungen.
Nacherhoben wurden rd. 250 Millionen Euro. Diese rd. 250 Mio. Euro
verteilen sich auf ca. 2,5 Mio. Beschäftigungsverhältnisse. Für
alle Beschäftigungsverhältnisse wurden Meldekorrekturen in den
Rentenkonten durchgeführt, so dass die Nachzahlungen den
Betroffenen auch leistungsrechtlich zu Gute kommen.
Am 13. März 2013 hatte das BAG zwei weitere
Grundsatzentscheidungen zum Themenkomplex CGZP getroffen. In den
Arbeitsverträgen der Leiharbeitnehmer ist seit Januar 2010
oftmals auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag zwischen dem
Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP)
und der CGZP sowie einzelnen Christlichen
Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 verwiesen worden. Das
BAG hat hierzu festgestellt, dass die Verweisung in
Formulararbeitsverträgen auf diesen mehrgliedrigen Tarifvertrag
intransparent und nach Regelungen des BGB unwirksam ist. Dies
führt dazu, dass seit Januar 2014 Prüfungen auch für Zeiträume
seit dem 1. Januar 2010 stattfinden.
Bis zum 31. Dezember 2016 wurden für den Zeitraum ab
1. Januar 2010 von 3.103 Arbeitgebern 2.954 geprüft (CGZP-II),
davon 1.279 – also rd. 40 % – mit Beitragsnacherhebungen.
Nacherhoben wurden rd. 52 Millionen Euro an
Sozialversicherungsbeiträgen.
Seit dem Urteil des BSG vom 16. Dezember 2015
vergleichen sich Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger
zunehmend über die Höhe der Beitragsansprüche. Das gängige
Muster ist dabei, dass der Rentenversicherungsträger an den
Forderungen für die Jahre 2005 und 2006 nicht festhält, weil
zumindest bedingter Vorsatz, die Beiträge im Dezember 2010 für
vier Jahre rückwirkend nicht zu zahlen, nicht beweisbar ist. Der
Arbeitgeber akzeptiert im Gegenzug die Beitragsberechnung für die
Jahre 2007 bis 2009.
Fast sechs Jahre nach Beginn der CGZP-Prüfungen sind
die allermeisten abgeschlossen; die Prüfungen waren eine (...)
|