Dr.
Alexander Bissels und Kira Falter
Mehrgliedrig
oder einheitlich reloaded – das ist hier (erneut) die Frage?!
Erst kürzlich haben wir über eine Entscheidung des LAG Bremen
berichtet, das sich mit der rechtlichen "Qualität" der
Tarifverträge der Zeitarbeit (konkret: zum Tarifwerk iGZ/DGB) und
den AGBrechtlichen Anforderungen an eine arbeitsvertragliche
Bezugnahme auf diese befasst hat (Urt. v. 06.12.2017 – 3 Sa
64/17; dazu: Bissels/Falter, AIP 4/2018, 21 ff.). Im Ergebnis hat
das Gericht den von dem Zeitarbeitnehmer geltend gemachten equal
pay- Anspruch mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei dem
Tarifwerk iGZ/DGB um einen einheitlichen Tarifvertrag handele. Die
konkret verwendete Verweisungsklausel sei nicht intransparent. Das
LAG Baden-Württemberg hat in Zusammenhang mit einer Klage auf
equal pay jüngst eine abweichende Ansicht vertreten (Urt. v.
16.01.2018 - 15 Sa 9/17) und dieser stattgegeben.
I. Entscheidung des LAG Baden- Württemberg
In dem mit dem Zeitarbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrag
wurde dabei folgende Bezugnahmeklausel vereinbart:
"§ 16 Verweis Tarifvertrag
16.1 Im Übrigen gilt für die Dauer des Arbeitsvertrages der
Manteltarifvertrag zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit,
Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und den unterzeichnenden
Mitgliedsgewerkschaften des DGB. (Stand 30.05.06) www.bzw.de/tarif
Folgende Tarifverträge kommen zur Anwendung (nicht Zutreffendes
ist zu streichen).
- BZA-Manteltarifvertrag
- BZA-Entgeltrahmentarifvertrag
- BZA-Entgelttarifvertrag West
- BZA-Entgelttarifvertrag-Ost“
In Zusammenhang mit der (im Ergebnis abgelehnten) Einschlägigkeit
von (tariflichen) Ausschlussfristen führt das LAG
Baden-Württemberg aus, dass die Verweisung auf das BZA-Tarifwerk
wegen einer fehlenden Kollisionsklausel AGB-rechtlich unklar und
damit unwirksam sein soll. Das Gericht wörtlich:
"Es handelte sich bei „dem“ BZA-Manteltarifvertrag in
Wahrheit um acht einzelne Manteltarifverträge. Auf
Gewerkschaftsseite hatten ausweislich des Deckblatts und der
Unterschriften am Ende des Tarifvertragstextes acht verschiedene
Gewerkschaften den Tarifvertrag mit dem BZA als Vertragspartner
auf Arbeitgeberverbandsseite abgeschlossen. Es handelte sich der
Sache nach um acht eigenständige Manteltarifverträge, die sich
inhaltlich hätten auseinanderentwickeln können.
Eine Kollisionsregel, welcher dieser Tarifverträge bei
unterschiedlichen Regelungsinhalten anwendbar sein solle, wäre
zwar dann nicht erforderlich gewesen, wenn in § 18.1 ArbV klar
nur der Tarifstand des BZA-Manteltarifvertrags am 30.05.2006
gemeint wäre. Denn zu diesem Zeitpunkt waren die
Ausschlussfristenklauseln des mehrgliedrigen Manteltarifvertrags
in allen darin enthaltenen selbstständigen Manteltarifverträgen
identisch.
Die Auslegung von § 16.1 ArbV ergibt indessen nicht mit der
nötigen Klarheit, dass auf § 16 BZA-Manteltarifvertrag nur in
der am 30.05.2006 geltenden Fassung, also statisch, verwiesen
wird. Liest man allein den
(...)
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