Dr.
Alexander Bissels und Kira Falter
CGZP:
Obacht beim Vortrag zur Verjährung von Nachforderungen
Die
Gerichte müssen sich weiterhin regelmäßig mit Verfahren zur
Rechtmäßigkeit der Nachforderungen der DRV gegenüber
Personaldienstleistern befassen, die gutgläubig die mangels
Tariffähigkeit unwirksamen Tarifverträge der CGZP angewendet
haben. Dabei steht oftmals die Frage im Raum, ob die Nachforderung
der DRV nicht verjährt ist – so auch in einem im einstweiligen
Rechtsschutz entschiedenen Verfahren vor dem LSG
Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 23.07.2018 - L 8 R 911/17 B ER),
in dem es um 132.00,00 € für den Zeitraum 2007 bis 2009 ging.
Das SG Duisburg hat den Antrag des Personaldienstleisters
abgelehnt (Az. S 37 R 517/17 ER). Die hiergegen gerichtete
Beschwerde blieb erfolglos.
I. Inhalt der Entscheidung
Das LSG Nordrhein-Westfalen stellt zunächst – recht apodiktisch
– fest, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die
Rechtmäßigkeit des Bescheides im Rahmen der gebotenen
summarischen Prüfung nicht bestünden. Sie ergäben sich weder
aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots des Vertrauensschutzes noch
durch das Verbot der echten Rückwirkung von Rechtsfolgen aus
einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt (dazu ausführlich: BSG
v. 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R). Demgegenüber habe das BSG die
Frage, ob die Beitragsnacherhebung wegen equal pay-Ansprüchen bei
Unanwendbarkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge auch
für Zeiträume vor dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 –
vermittelt über die Zeitarbeitsrichtlinie 2008/104/EG – gegen
das Transparenzgebot bei der Richtlinienumsetzung und die
Unternehmerfreiheit nach Art. 16 Grundrechtecharta verstoße,
bislang offen gelassen (vgl. BSG v. 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R).
Diese Rechtsfrage sei aber schon deshalb günstigstenfalls als
offen zu bezeichnen, weil das BSG zwischenzeitlich eine
entsprechende rückwirkende Beitragsforderung in der Sache
bestätigt habe (vgl. BSG v. 18.01.2018 - B 12 R 3/16 R).
Überwiegende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des
angefochtenen Bescheides ließen sich daraus vor diesem
Hintergrund nicht ableiten.
Sodann
befasst sich das LSG Nordrhein- Westfalen recht ausführlich mit
Fragen der Verjährung, die dieses letztlich ablehnt. Es stellt im
Ergebnis zu einem bedingt vorsätzlichen Verhalten der Leitung des
Personaldienstleisters wörtlich Folgendes fest:
"Der umfangreiche Vortrag der Antragstellerin lässt nach
derzeitigem Sach- und Streitstand nur den Schluss zu, dass ihre
Geschäftsführer die Entwicklung der Rechtsprechung zur
rückwirkenden Tariffähigkeit nach dem Beschluss des BAG v.
14.12.2010 (1 ABR 19/10, NZA 2011, 289) eingehend verfolgt haben
(z.B. Schriftsätze v. 04.07.2017, v. 27.07.2017 und v.
13.10.2017). Insofern war der Antragstellerin bereits nach eigenem
Bekunden spätestens im Jahr 2012 - nach dem Beschluss des BAG
über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde vom 22.05.2012 (1
ABN 27/12 i.V.m BAG, Beschluss. v. 23.05.2012, 1 AZB 58/11) -
bekannt, dass die Rückwirkung der Tarifunfähigkeit der CGZP
rückwirkend rechtskräftig feststand. Schon aus diesem Grund ist
es hinsichtlich des Beitragsjahres 2008 überwiegend
wahrscheinlich, dass die Möglichkeit der Beitragspflicht erkannt
und die Zahlung gleichwohl unterlassen worden ist. Die
Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das
Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist.
Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt in
aller Regel auch das entsprechende Wollen.
Demgegenüber
kann sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, ihre
Geschäftsführung habe dennoch darauf gehofft, dass die
Entscheidung auf die bei dem BVerfG darauffolgend eingelegte
Verfassungsbeschwerde sie letztlich doch noch von der (...)
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