Dr.
Alexander Bissels und Dr. Felix Fuchs
Die
Kundenhaftung für Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der
Arbeitnehmerüberlassung – Teil 2
In
einem ersten Teil des Beitrages (BD 5/2019, S. 3 ff.) wurden
bereits die Grundzüge der Haftung des Kunden für die auf die
Vergütung des Zeitarbeitnehmers entfallenden
Sozialversicherungsbeiträge dargestellt. Der zweite Teil zeigt,
wie sich die Kunden, insbesondere bei der legalen
Arbeitnehmerüberlassung, gegen ihre Inanspruchnahme zur Wehr
setzen und ihre Haftung von vornherein reduzieren können.
1. Einwendungen des Kundenunternehmens
Kunden
sind in der Praxis in der Regel versucht, Beitragsforderungen, die
bei der legalen Arbeitnehmerüberlassung gegen sie geltend gemacht
werden, abzuwehren. Dabei gilt, dass die Einzugsstelle im
sozialgerichtlichen Verfahren die Darlegungs- und Beweislast für
alle anspruchsbegründenden Tatsachen trägt, nämlich für das
Vorhandensein von positiven und das Fehlen von negativen
Tatbestandsvoraussetzungen der Subsidiärhaftung an sich und
ergänzend für das Bestehen des Beitragsanspruchs sowohl dem
Grunde als auch der Höhe nach (vgl. BSG, NJW 2016, 975). Hieraus
folgt die Pflicht der Einzugsstelle, bereits im
Verwaltungsverfahren alle Tatbestandsvoraussetzungen, auf die sie
ihren Beitragsbescheid stützen möchte, zu ermitteln und
festzustellen, damit sich der Kunde im Klageverfahren mit seiner
Argumentation auf die den Bescheid tragenden Gründe einrichten
kann.
a) Einsatzzeiten der Zeitarbeitnehmer
Die
Einzugsstelle muss (Ausnahme: § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV) die
Beitragspflicht personenbezogen feststellen, also im
Beitragsbescheid die Namen der Zeitarbeitnehmer, für die sie
Beiträge verlangt, angeben und für einen jeden von ihnen
darlegen, für welchen Monat und für welchen Versicherungszweig
welche Beiträge festgesetzt werden (BSG, NZS 1996, 73).
Die Einzugsstelle verlässt sich dabei oft auf die Erkenntnisse,
die die Rentenversicherungsträger durch Betriebsprüfungen beim
Personaldienstleister gewonnen haben (§ 28p SGB IV). Diese
Angaben müssen aber nicht richtig sein. Wenn in der
Lohnbuchhaltung des Zeitarbeitsunternehmens (ausnahmsweise) nicht
korrekt erfasst wurde, welcher Mitarbeiter wann bei welchem Kunden
eingesetzt war, beruhen die Beitragsbescheide auf einer
unrichtigen bzw. zumindest unvollständigen Tatsachengrundlage.
In der Praxis kommt es auch vor, dass die Einzugsstelle die
Zeitarbeitnehmer befragt, wann sie welchem Kunden zur
Arbeitsleistung überlassen waren (§ 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 SGB
X), und diese Auskünfte ungeprüft übernimmt. Auch sie müssen
nicht zutreffend sein. Denn die Einzugsstelle wendet sich oftmals
erst viele Jahre nach dem tatsächlichen Einsatz an die
Zeitarbeitnehmer. Nach einem so langen Zeitraum kann deren
Erinnerungsvermögen getrübt sein, so dass sie einen falschen
Kunden benennen oder nur ungenaue Angaben machen können.
Die Kundenunternehmen müssen daher prüfen, ob die im Beitragsbzw.
Haftungsbescheid genannten Arbeitnehmer tatsächlich in den dort
genannten Monaten bei ihnen tätig waren. Deshalb sollten Kunden
ihre Aufzeichnungen über die in § 17c Abs. 1 AÜG genannte Frist
hinaus aufbewahren. Denn diese Unterlagen können in das Verfahren
eingeführt werden, um zu belegen, dass – gerade bei
Unsicherheiten im Sachverhalt, die sich aus den obigen Erwägungen
ergeben – die Zeitarbeitnehmer im fraglichen Zeitraum nicht bei
dem Kunden tätig waren und dieser somit für sie keine (...)
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