Dr.
Alexander Bissels und Kira Falter
Mission
accomplished – Tarifvertragsverhandlungen für die Zeitarbeit
(erfolgreich) abgeschlossen!
Seit
September 2019 zogen sich Tarifvertragsverhandlungen zwischen der
VGZ und der DGB-Tarifgemeinschaft. Nunmehr ist es vollbracht –
inzwischen ist gemeldet worden, dass sich die
Tarifvertragsparteien in der vierten Verhandlungsrunde in der
Nacht vom 17.12.2019 auf den 18.12.2019 verständigt haben.
Nur zur Erinnerung – die DGBGewerkschaften sind mit als recht
"sportlich" zu bezeichnenden Forderungen in die
Tarifgespräche eingestiegen, nämlich mit folgendem
"Set":
- Steigerung der Entgelte um 8,5% mit einer Laufzeit von 12
Monaten;
- Anpassung der Höhe der Zuschläge für
Nacht-/Sonntagsarbeit/Feiertage an die Zuschläge, die im
Kundenbetrieb für Stammbeschäftigte gelten;
- Erhöhung der Urlaubsdauer: 28 Tage im 1. Beschäftigungsjahr;
30 Tage ab dem 2. Beschäftigungsjahr;
- Höhe der Sonderzahlungen: insgesamt i.H.v. 1 Monatsentgelt;
davon soll ein Teil exklusiv an Gewerkschaftsmitglieder gewährt
werden.
Nach den entsprechenden Meldungen von BAP, iGZ und des DGB sieht
das Verhandlungsergebnis wie folgt aus:
I. Änderungen im Entgelttarifvertrag
- Die tariflichen Entgelte werden im Zeitraum von Januar bis März
2020 nicht angepasst (sog. "Nullmonate").
- Die erste Erhöhung der Entgelte erfolgt mit Wirkung zum
01.04.2020.
- Die Entgelttarifverträge haben eine Laufzeit von drei Jahren
und können erstmals zum 31.12.2022 gekündigt werden. Dies gilt
auch für Entgeltrahmen- und Manteltarifvertrag (jeweils mit einer
Kündigungsfrist von 6 Monaten).
Konkret sind die Erhöhungen der tariflichen Entgelte über die
nächsten 36 Monate wie folgt ausgestaltet worden:
- Tariferhöhung ab dem 01.04.2020:
• Tarifgebiet West: + 1,9%.
• Tarifgebiet Ost: + 2,31% (EG 1) sowie + 3,0% (EG 2 bis 9).
- Tariferhöhung ab dem 01.10.2020:
• Tarifgebiet West: keine Erhöhung.
• Tarifgebiet Ost: + 2,2%.
- Tariferhöhung ab dem 01.04.2021:
• Tarifgebiet West: + 3,0%.
• Tarifgebiet Ost: + 7,1%; dies entspricht der
durchschnittlichen Erhöhung zur damit vollzogenen Angleichung der
Entgelte in den Tarifgebieten West und Ost, die bereits während
der Tarifvertragsverhandlungen 2016 vereinbart wurde. Damit
entfällt die Differenzierung in eine Entgelttabelle Ost und West.
- Tariferhöhung ab den 01.04.2022: bundesweit einheitlich um +
4,1%.
II. Änderungen im Entgeltrahmentarifvertrag
- Wegfall der "automatischen" Höhergruppierung von der
EG 3 in die EG 4 nach einer einjährigen Betriebszugehörigkeit
des Zeitarbeitnehmers.
- Neuregelung der EG 2 bis 4 mit Wirkung zum 01.07.2020, die mit
einer Aufspaltung der bisherigen EG 2 in eine EG 2a und eine EG 2b
verbunden ist. Die neuen Entgeltgruppen werden wie folgt
beschrieben:
• EG 2a: Tätigkeiten, die eine Anlernzeit, eine fachbezogene
Berufserfahrung oder fachspezifische Kenntnisse erfordern.
• EG 2b: Tätigkeiten, die eine fachspezifische Qualifikation
erfordern.
• EG 3: Tätigkeiten, die eine zweijährige Berufsausbildung
erfordern.
• EG 4: Tätigkeiten, die eine dreijährige Berufsausbildung
erfordern.
III. Änderungen im Manteltarifvertrag
- Jahressonderzahlung:
Die Tarifvertragsparteien haben eine sukzessiv erfolgende
Erhöhung der Jahressonderzahlung ab dem Jahr 2021 bis zum Jahr
2023 vereinbart (auf maximal 400,00 EUR brutto).
Gewerkschaftsmitglieder erhalten dabei eine sog. Vorteilsregelung,
wenn diese bei Fälligkeit der jeweiligen Jahressonderzahlung
bereits 12 Monate Mitglied der Gewerkschaft sind und dies
unaufgefordert gegenüber dem Personaldienstleister
nachweisen.
Die in der obigen Tabelle aufgeführten Beträge (brutto) gelten
jeweils für das tarifliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die
Jahressonderzahlung und die Vorteilsregelung werden ab dem Jahr
2024 tarifdynamisch auf Basis der Eckentgeltgruppe (hier: EG 4)
fortentwickelt.
- Urlaubsanspruch:
Mit Wirkung zum 01.01.2021 wird der tarifliche Urlaubsanspruch der
Zeitarbeitnehmer wie folgt erhöht:
• im 1. Beschäftigungsjahr: 25 Tage (bisher: 24 Tage).
• im 2. und 3. Beschäftigungsjahr: 27 Tage (bisher: 25 bzw. 26
Tage).
• ab dem 4. Beschäftigungsjahr: 30 Tage (bisher: 28 Tage; ab
dem 5. Beschäftigungsjahr 30 Tage).
- Arbeitszeitkonto (nur im MTV iGZ/DGB):
• Jahresarbeitszeitkonto;
• Saldierung der Stunden von bis zu 150 Plus- und bis zu 105
Minusstunden möglich;
• Erfordernis einer sog. Nullstellung im Kalenderjahr;
• Möglichkeit der Übertragung.
Die Tarifparteien haben sich zudem darauf verständigt, dem BMAS
vorzuschlagen, die in diesem Tarifabschluss vereinbarten
Stundenentgelte der EG 1 West und Ost als Lohnuntergrenze i.S.v.
§ 3a AÜG in einer Rechtsverordnung festsetzen zu lassen.
Die Tarifvertragsparteien haben eine Erklärungsfrist bis zum
12.02.2020 vereinbart. Die Tarifkommissionen von BAP und iGZ haben
das Verhandlungsergebnis schon abgenickt. Die DGB-Gewerkschaften
müssen noch die Zustimmung der zuständigen Gremien einholen.
Erfolgt dies, treten die tariflichen Regelung grundsätzlich mit
Wirkung zum 01.01.2020 in Kraft.
IV. Bewertung
Zunächst ist festzustellen, dass – eingedenk der
Ausgangsforderungen der DGB-Tarifgemeinschaft – im Rahmen der
abgeschlossenen Tarifvertragsverhandlungen „dicke Bretter
gebohrt werden mussten“. Der Abschluss ist vor dem Jahreswechsel
nach langwierigen und zähen Verhandlungen gelungen – das sind
zunächst gute Nachrichten. Jedoch darf dies nicht darüber
hinwegtäuschen, dass das Verhandlungsergebnis teuer erkauft
worden ist. Die vereinbarten Entgelterhöhungen, insbesondere im
Tarifgebiet Ost, haben es in sich; dies ist aber auch eine Folge
aus den Tarifvertragsverhandlungen in 2016, in denen eine
Angleichung der Vergütung im Tarifgebiet Ost an die Entgelte in
Tarifgebiet West bereits vorgesehen war. Daraus resultiert die
erhebliche Erhöhung im Osten ab dem 01.04.2021 von 7,1%.
Interessant ist, dass gerade mit Blick auf die
Jahressonderzahlungen eine Vorteilsregelung für
Gewerkschaftsmitglieder vereinbart wurde, die sich nicht zuletzt
in einer monetären Besserstellung niederschlägt. Der Hintergrund
ist klar. Der Organisationsgrad in der Zeitarbeitsbranche ist
gering. Durch entsprechende finanzielle Anreize soll die
Bereitschaft der Zeitarbeitnehmer gesteigert werden, in eine (...)
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