Heft 09/2020

Heft September 2020

"Blickpunkt Dienstleistung" Heft 09/20 - Inhalt

  • Fünf Jahre – „Wir schaffen das!" Flüchtlinge besser integriert

  • Dr. Alexander Bissels und Kira Falter Gericht bestätigt Unzuverlässigkeit eines Personaldienstleisters - Punkt für die BA!

  • Erstmals virtuelle Mitgliederversammlung des iGZ - Neuwahlen zum Bundesvorstand

  • BAP Job-Navigator 09/2020: "Ausbildungsangebot nach Berufsgruppen und Bundesländern" - Nachfrage nach Auszubildenden reißt in Corona-Zeiten nicht ab

  • Verbot von Zeitarbeit in der Fleischindustrie wäre fatales Signal "Mittelständisch geprägte Unternehmen sind in Gefahr"

  • IAB-Arbeitsmarktbarometer: Lage am Arbeitsmarkt stabilisiert sich weiter

  • Manpower Arbeitsmarktbarometer für das vierte Quartal 2020 Corona-Krise: Beschäftigungsausblick hellt sich leicht auf

  • Ausbildungsstart bei der GeAT AG

  • Deutsche Unternehmen blicken im internationalen Vergleich positiv auf das Jahr 2020

Leseprobe

Dr. Alexander Bissels und Kira Falter

Gericht bestätigt Unzuverlässigkeit eines Personaldienstleisters – Punkt für die BA!

Mit einem spannenden Fall musste sich jüngst das LSG Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen eines von dem betroffenen Personaldienstleister angestrengten erlaubnisrechtlichen Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz befassen, nachdem die Behörde die beantragte Verlängerung der befristeten Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis unter Hinweis auf die fehlende Zuverlässigkeit des Zeitarbeitsunternehmens abgelehnt hatte (Beschl. v. 25.05.2020 - L 2 AL 37/19 B ER; so auch die Vorinstanz: SG Rostock v. 26.09.2019 – S 2 AL 58/19 ER). Die Entscheidung ist insbesondere vor dem Hintergrund interessant, da sich diese mit einem durchaus verbreiteten Modell in der Überlassungsbranche mit einem Schwerpunkt in der Veranstaltungs- und Gastronomiebrache befasst, indem insbesondere mit Studenten – auf Grundlage eines Rahmenvertrages – jeweils einsatzbezogene sachgrundbefristete Arbeitsverträge (in der Regel nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG: auf Wunsch des Arbeitnehmers) abgeschlossen werden. Oftmals wird dieses Modell in einer Zeitgeringfügigkeit gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV kombiniert. Die BA steht diesem – wie der Verfasser aus der eigenen Beratungspraxis zu berichten weiß – wegen der (vermeintlichen) Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos auf den Zeitarbeitnehmer und damit verbundener Verstöße gegen das Garantielohprinzip kritisch gegenüber.

I. Zusammenfassung der Entscheidung

Dem Beschluss liegt zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde: 

Die Antragstellerin ist im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung tätig und beschäftigt durchschnittlich etwa 186 Arbeitnehmer. Dabei handelt es sich ausschließlich um Studenten, die auf geringfügiger Basis tätig werden. Der Einsatz erfolgt insbesondere in den Bereichen Housekeeping, Gepäckverladung, Bürohilfstätigkeiten sowie Aushilfsarbeiten in der Gastronomie und Eventbetreuung.

1. Verwaltungsverfahren

Anfang 2016 beantragte die Antragstellerin erstmalig die Erteilung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Im Rahmen der Prüfung durch die Antragsgegnerin wurden folgende Punkte beanstandet: Nichtbeachtung des Gleichstellungsgrundsatzes, Fehlen der Regelungen zum Garantielohnanspruch sowie eindeutiger Arbeitszeitvereinbarungen. Die Antragstellerin ergänzte die eingereichten Musterverträge um die fehlenden Bestimmungen, so dass die Antragsgegnerin die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung befristet auf ein Jahr erteilte. Diese wies ausdrücklich darauf hin, dass die Antragstellerin bei einer Überlassung den Gleichstellungsgrundsatz erfüllen müsse. Dies bedeute, dass sie die verbindlich eingereichten Leihund Arbeitnehmerüberlassungsvertragsmuster auch tatsächlich in dieser Form nutzen, sich von dem Kunden vor Beginn der Überlassung Auskünfte zu allen wesentlichen Arbeitsbedingungen für einen vergleichbaren Arbeitnehmer seines Betriebes geben lassen, diese Arbeitsbedingungen den überlassenen Arbeitnehmern mindestens gewähren und Nachweis darüber führen müsse. Im April 2017 beantragte die Antragstellerin eine Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Sie reichte dazu die aktuellen Vertragsmuster ein. Die Antragsgegnerin verlängerte danach die bestehende Erlaubnis bis zum 25.07.2018.

Im April 2018 beantragte die Antragstellerin wiederum die Verlängerung der bestehenden Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Schriftlich beanstandete die Antragsgegnerin im Anschluss an eine erstmals durchgeführte Stichprobenprüfung u.a., dass mit den Arbeitnehmern grundsätzlich eine in der Arbeitnehmerüberlassung unzulässige projektbezogene Befristung gem. §14 Abs. 1 TzBfG vereinbart worden sei. Zudem sei in mehreren Fällen gegen die Entgeltfortzahlung bei Nichtbeschäftigung, den sog. Garantielohnanspruch, verstoßen worden, da nur die erarbeiteten Stunden vergütet und nicht die vertraglich zugesicherten Mindeststunden ausgezahlt worden seien. In einer Vielzahl von Fällen sei zu beanstanden gewesen, dass bei den Zeitarbeitnehmern die jeweils vertraglich vereinbarten monatlichen Arbeitszeitvolumina teilweise erheblich von den tatsächlich geleisteten Stunden abgewichen seien.

Die Antragstellerin erklärte, dass sie Versäumnisse in der Vertragsgestaltung einräume. Sie habe den Willen, sich zukünftig rechtskonform zu verhalten. Es sei eine komplette Umgestaltung der Arbeitsverträge erfolgt. Alle in der Anhörung geltend gemachten Beanstandungen seien behoben worden. Da es sich bei sämtlichen Mitarbeitern um Studenten handele, die hauptberuflich ihrem Studium nachgehen würden, sei der Wunsch nach einer Befristung anzunehmen. Um dies jedoch zu verdeutlichen, werde die Antragstellerin zukünftig mit einer Anlage zum Arbeitsvertrag arbeiten, die die Mitarbeiter zu genau dieser Tatsache ausdrücklich befrage und nach der diese handschriftlich Auskunft zu den Beweggründen der gewünschten Befristung geben müssten. Die beanstandete Nichtzahlung einzelner Tage ergebe sich daraus, dass die Antragstellerin ihren Arbeitnehmern teilweise Einsätze angeboten habe, die diese dann aber aus zeitlichen Gründen nicht angenommen hätten. Lehne ein Mitarbeiter einen Einsatz ab, sei der Arbeitgeber auch in der Zeitarbeit nicht verpflichtet, daraus resultierende Zeiten des Nichteinsatzes zu vergüten. Darin sei kein Garantielohnverstoß zu sehen. Aus Kulanzgründen sei allerdings eine Nachzahlung erfolgt. Dem Schreiben der Antragstellerin war ein Musterarbeitsvertrag beigefügt. Auf dieser Grundlage verlängerte die Antragsgegnerin daraufhin die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung bis zum 25.07.2019.

In der Folgezeit änderte die Antragstellerin die Arbeitsvertragsgestaltung und schloss mit den Studenten jeweils formularmäßige befristete Rahmenvereinbarungen, in denen sie sich verpflichtete, den Mitarbeiter in eine Liste der Interessenten für Arbeitseinsätze in einer Arbeitnehmerüberlassung aufzunehmen. Laut Rahmenvereinbarung war die Antragstellerin nicht verpflichtet, Beschäftigungsangebote zu machen, die Arbeitnehmer nicht verpflichtet, Beschäftigungsangebote anzunehmen. Die Rahmenvereinbarung endete vor dem vereinbarten Ablaufdatum, sobald die Grenze von 70 Arbeitstagen erreicht bzw. wenn an mindestens fünf Tagen pro Woche gearbeitet wurde. Ergänzend wurde vorgesehen, dass wunschgemäß ein befristetes Arbeitsverhältnis gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG zu Stande kommt, soweit tatsächlich Arbeitseinsätze geleistet werden, und dass der Mitarbeiter der Antragstellerin vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mitgeteilt habe, dass er keine Anstellung im Rahmen eines unbefristeten Vertrages mit regelmäßigen, fest definierten Arbeitszeiten wolle. In einem ebenfalls formularmäßig gefassten Fragebogen zur gewünschten Beschäftigung erklärten die Studenten jeweils, für welche Arbeitstätigkeiten, zu welchen Zeiten und in welchem Umfang sie einen Arbeitseinsatz wünschen. Weiter sieht der Fragebogen die Option zwischen einem „ununterbrochenen, unbefristeten“ Einsatz und einem befristeten Arbeitsvertrag vor, wobei die Studenten regelmäßig den befristeten Arbeitsvertrag wählten und in diesem Zusammenhang formularmäßig vorformuliert erklärten, sich offenhalten zu wollen, den Vertrag z.B. aus bestimmten studienbedingten Gründen (u.a. Prüfungszeiten, Pflichtpraktika, Auslandsaufenthalte) auszusetzen. Zur Dauer der Beschäftigung gaben die Studenten jeweils einen mehrmonatigen Zeitraum an. Für die einzelnen Arbeitseinsätze wurden gesonderte Arbeitsverträge mit den Studenten geschlossen, die jeweils auf einen Tag befristet waren.

Im April 2019 beantragte die Antragstellerin erneut die Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Sie reichte dafür den o.g. Mustervertrag „Rahmenvereinbarung für kurzfristige Beschäftigte“ ein und führte aus, sie habe sich auf die Überlassung studentischer Kräfte spezialisiert und arbeite ausschließlich mit Mitarbeitern auf Minijob- Basis oder in einer sehr geringer Teilzeitbeschäftigung zusammen. Weiter wies die Antragstellerin darauf hin, dass die prägende Eigenschaft in der Arbeit mit Studierenden sei, dass diese völlig frei entscheiden wollten, wann und wie viel sie – auch nur entsprechend ihren Bedürfnissen – arbeiten würden. Ein Einwirken auf diese Mitarbeiter, mehr oder häufiger tätig zu werden, fruchte nicht oder nur sehr selten. Die Antragstellerin habe selbst ein eigenes großes Interesse daran, wenn die Arbeitnehmer mehr arbeiten würden. Dies sei aber schlichtweg nicht zu erreichen. Aus diesem Grunde arbeite sie mit Rahmenvereinbarungen, die den Studierenden die von diesen selbst gewünschte größtmögliche Flexibilität biete. Dies basiere ausschließlich auf dem Wunsch der Mitarbeiter. Jeder Arbeitnehmer gebe bei seiner Anstellung an, dass ihm ein unbefristeter Vertrag angeboten worden sei, er diesen aber nicht annehme.

Mit Schreiben vom 25.06.2019 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin nach einer durchgeführten Prüfung zur beabsichtigten Versagung der Verlängerung der Erlaubnis an. Mit Bescheid vom 22.07.2019 lehnte die Antragsgegnerin schließlich den Antrag auf Verlängerung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung ab. Diese könne nicht erteilt werden, da Mängel festgestellt worden seien, die auf eine Unzuverlässigkeit hinweisen würden. (...)



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