Heft 01/2021

Heft Januar 2021

"Blickpunkt Dienstleistung" Heft 01/21 - Inhalt

  • 2021 – Ein Superwahljahr unter Pandemie-Bedingungen

  • Dr. Alexander Bissels und Kira Falter Wirksamkeit einer Klausel zur Zahlung einer Vermittlungsprovision - höchstrichterliche Klärung durch den BGH!

  • Bundesarbeitsgericht: Entgeltgleichheitsklage - Auskunft über das Vergleichsentgelt - Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts

  • Der iGZ startet mit seiner neuen Lernwelt durch!

  • Dr. Robert Bauer Die Zeitarbeitsbranche beim EuGH

  • European Labour MarketBarometer: EuropäischerArbeitsmarkt bricht nicht ein

  • BAP Job-Navigator 1/2021: »Jahresrückblick«

  • Stellenrückgang durch Corona-Krise – aber nicht in allen Berufsgruppen

  • Trenkwalder Business Process Outsourcing – die digitale Zukunft des Kundenservice

  • HR-Report 2021: Schwerpunkt "New Work" - Coronakrise zeigt: Flexible Arbeitsformen setzen sich durch, schüren aber Spannungen

  • Neuer Vorstandsvorsitzender bei der PERSONAL SERVICE PSH GRUPPE

  • Studie zeigt: Deutsche Arbeitgeber wenig emphatisch - Jeder dritte Arbeitnehmer fühlt sich mit Corona-Sorgen allein gelassen

  • Jahresrückblick 2020: Arbeitsmarkt wegen Corona-Krise stark unter Druck

Leseprobe

Dr. Alexander Bissels und Kira Falter

Wirksamkeit einer Klausel zur Zahlung einer Vermittlungsprovision – höchstrichterliche Klärung durch den BGH!

Wir haben in der jüngeren Vergangenheit bereits mehrfach darüber berichtet, dass Meinungsverschiedenheiten über die Zahlung einer Vermittlungsprovision durch den Kunden nach der Übernahme eines Zeitarbeitnehmers in Zusammenhang mit einer Überlassung zuletzt verstärkt die Zivilgerichte befasst haben (vgl. zuletzt noch: OLG Celle v. 15.10.2020 – 11 U 5/20; dazu: Bissels/ Falter, jurisPR-ArbR 50/2020 Anm. 7; Bissels/Falter, BD 10/2018, 3 ff.). Die Gründe dafür dürften vielfältig sein. Nicht zuletzt dürfte dabei auch der Fachkräftemangel und der gesetzgeberisch intendierte "Übernahmedruck" durch die Ergänzung des AÜG um eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten mit Wirkung zum 01.04.2017 eine Rolle spielen. Das Zeitarbeitsunternehmen verliert durch die Überführung des Mitarbeiters in ein Arbeitsverhältnis zu dem Kunden ein für dessen Geschäftsmodell wesentliches "Asset", das nicht ohne weiteres ersetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund wird erklärbar, dass bei Zeitarbeitsunternehmen in der jüngeren Vergangenheit durchaus eine höhere Bereitschaft zu wahrzunehmen ist, die vereinbarte Gegenleistung für die Übernahme, nämlich die Zahlung einer Vermittlungsprovision, gerichtlich durchzusetzen, wenn und soweit der Kunde eine solche verweigert, und nicht "klein beizugeben".

Streitig war dabei zuletzt immer wieder die Frage, ob der Kunde eine Vermittlungsprovision leisten muss, wenn das Arbeitsverhältnis zu dem überlassenen Mitarbeiter von dem Zeitarbeitsunternehmen, z.B. durch eine Kündigung, beendet wurde und selbiger nach einer Anschlussbeschäftigung sucht, die er dann oftmals bei dem Kunden, bei dem er eingesetzt war oder immer noch ist, findet. Die Instanzrechtsprechung war in diesem Zusammenhang nicht einheitlich. In einer aktuellen Entscheidung hat sich nun der BGH dieser Frage angenommen und festgestellt, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch das Zeitarbeitsunternehmen vor der Übernahme durch den Kunden grundsätzlich der Entstehung eines Anspruchs auf die Zahlung einer Vermittlungsprovision nicht entgegensteht (vgl. BGH v. 05.11.2020 – III ZR 156/19; vorgehend: LG Tübingen v. 25.10.2019 – 1 S 55/19; AG Tübingen v. 26.04.2019 – 12 C 893/18).

I. Zusammenfassung der Entscheidung

Am 30.10.2014 schloss die Beklagte mit der X GmbH (deren Rechtsnachfolgerin ist die hiesige Klägerin), bei der es sich um eine über eine unbefristete Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nach § 1 AÜG verfügende Personaldienstleisterin handelte, einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Dieser bezog sich auf die Überlassung des Y an die Beklagte. In dem Vertrag findet sich u.a. folgende Regelung:

"Endet das Arbeitsverhältnis des überlassenen Mitarbeiters mit der X und begründet dieser anschließend ein Arbeitsverhältnis mit dem Kunden oder einem mit ihm rechtlich oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, so ist dieses durch Vermittlung bzw. Nachweis von X entstanden. Der Kunde verpflichtet sich in einem solchen Fall, ein Vermittlungs- bzw. Nachweishonorar zu zahlen.

Dieses beträgt zwei Bruttomonatsgehälter und reduziert sich entsprechend der Dauer der erfolgten Arbeitnehmerüberlassung für jeden vollen Monat um ein Zwölftel.

(...)

Für den Fall, dass zwischen der Begründung des Arbeitsverhältnisses und dem Ende der Überlassung eine Zeitspanne von maximal 6 Monaten liegt, wird vermutet, dass die Begründung des Arbeitsverhältnisses auf die Überlassung zurückzuführen ist, so dass der X das vorstehend vereinbarte Vermittlungs- bzw. Nachweishonorar auch zusteht, soweit der Kunde oder das mit ihm verbundene Unternehmen diese Vermutung nicht widerlegt. Diese Vereinbarung endet nach neun Monaten nach Beginn des AÜV". 

Y wurde bis zum 31.12.2014 im Betrieb der Beklagten eingesetzt. Die X GmbH beendete das Arbeitsverhältnis mit Y durch eine betriebsbedingte Kündigung zum 23.02.2015. Am 06.03.2015 begründete die Beklagte ein Arbeitsverhältnis mit Y. Daraufhin stellte die X GmbH der Beklagten ein Vermittlungs- bzw. Nachweishonorar für Y in Höhe von 3.748,50 EUR in Rechnung. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsvergütung ergebe sich aus dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 3.402,75 EUR zzgl. Zinsen stattgegeben. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Revision wurde vom BGH als unbegründet zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klausel zum Vermittlungshonorar, die nach ihrem Wortlaut den hiesigen Fall erfasse, in dem der frühere Kunde nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Personaldienstleister und dem Arbeitnehmer ein solches mit diesem begründet habe, sei wirksam, insbesondere stehe ihr nicht die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 HS. 2 AÜG entgegen. Der von der Beklagten angeführte Umstand, dass das neue Arbeitsverhältnis zwischen Y und ihr erst nach Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Personaldienstleister begründet worden und diesem daher kein auszugleichender wirtschaftlicher Nachteil durch den Verlust eines Arbeitnehmers entstanden sei, führe nicht zur Unwirksamkeit der Klausel. Es gebe nämlich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit einer Vergütungsvereinbarung davon habe abhängig machen wollen, ob und ggf. durch wen das Arbeitsverhältnis zwischen dem Personaldienstleister und dem Arbeitnehmer vor der Einstellung durch den Kunden beendet worden sei. Ansonsten hätte in § 9 Abs. 1 Nr. 3 HS. 2 AÜG vorgesehen werden müssen, dass eine Vermittlungsprovision ausgeschlossen sein solle, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Zeitarbeitnehmer durch den Personaldienstleister oder auf dessen Veranlassung beendet worden sei. Da dies nicht geschehen sei, sei daraus – im Umkehrschluss – abzuleiten, dass eine Arbeitgeberkündigung die Zulässigkeit einer Vermittlungsprovision gerade nicht sperren solle. Der Personaldienstleister habe durch die Überlassung des Zeitarbeitnehmers an den Kunden und den dadurch hergestellten Kontakt die Vermittlung überhaupt erst ermöglicht. Diese Dienstleistung könne sich der Personaldienstleister ebenfalls dann noch vergüten lassen, wenn der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kunden und dem Zeitarbeitnehmer eine arbeitgeberseitige Kündigung vorausgegangen sei. Auch der Umstand, dass nach der Rechtsprechung des BGH bis zu sechs Monate nach dem Ende der Überlassung vermutet werde, die Übernahme sei auf die vorangegangene Überlassung zurückzuführen, spreche dafür, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Ende der Überlassung und der anschließenden Einstellung bei der Beurteilung einer solchen Klausel von Bedeutung sei, und weniger die Frage, ob das Arbeitsverhältnis mit dem Personaldienstleister zu diesem Zeitpunkt noch bestehe.

Diese Ausführungen hielten – so der BGH – der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht habe richtig gesehen, dass die Klausel den vorliegenden Fall erfasse.

Bei der Klausel zum Vermittlungshonorar handele es sich um eine von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gestellte AGB, deren Inhalt durch Auslegung zu bestimmen sei. AGB seien nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden würden. Dabei seien die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung sei dabei in erster Linie ihr Wortlaut. Verständnismöglichkeiten, die theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend seien und nicht ernstlich in Betracht kämen, blieben außer Betracht. Die Auslegung inländischer AGB sei in der Revisionsinstanz uneingeschränkt nachprüfbar.

Nach diesen Grundsätzen erstrecke sich die verwendete Klausel zum Vermittlungshonorar

"Endet das Arbeitsverhältnis des überlassenen Mitarbeiters mit der X und begründet dieser anschließend ein Arbeitsverhältnis mit dem Kunden oder einem mit ihm rechtlich oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, […]"

auf den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung des Personaldienstleisters "ende" (am 23.02.2015) und der Mitarbeiter "anschließend" mit dem Kunden ein Arbeitsverhältnis begründe (am 06.03.2015). Der Wortlaut der Klausel unterscheide nicht danach, durch wen oder auf welche Weise "das Arbeitsverhältnis des überlassenen Mitarbeiters mit der X "(ge-)endet" (habe).



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