Heft 02/2021

Heft Februar 2021

"Blickpunkt Dienstleistung" Heft 02/21 - Inhalt

  • Besser durch die Krise

  • Dr. Alexander Bissels und Kira Falter Inkrafttreten des sog. Arbeitsschutzkontrollgesetzes: Einsatzverbot für Fremdpersonal - BVerfG lehnt Eilanträge gegen das Inkrafttreten ab!

  • European Labour Market Barometer: Durststrecke am europäischen Arbeitsmarkt

  • Auftakt der virtuellen Veranstaltungsreihe "ARBEIT & PERSONAL" kompakt - "Die Zeitarbeit wird nach der Krise als erstes wieder aufstehen"

  • Lünendonk-Blitzumfrage: Zeitarbeitsunternehmen blicken verhalten optimistisch auf 2021

  • Corona: Deutsche Industriebetriebe belastungsfähig

  • IAB-Arbeitsmarktbarometer: Arbeitsmarkt hält dem Lockdown stand

  • Markus Ley in die Bundesfachkommission des Wirtschaftsrates Deutschland berufen

  • ifo Geschäftsklima steigt

  • Die Erfolgsstory geht weiter: GEDAT stellt mit Gesellschafterwechsel Weichen für Kontinuität und Wachstum

  • Die coronabedingten Arbeitsausfälle steigen im Lockdown auf 59,2 Millionen Arbeitstage

  • Umbruch am Arbeitsmarkt Bis 2030 droht bis zu vier Millionen Deutschen Jobwechsel

  • iGZ-Umfrage zu Auswirkungen der Pandemie - Zeitarbeit in der Corona-Zange

  • HR-Report 2021: Schwerpunkt "NEW WORK" Coronakrise zeigt: Führungsstrukturen verändern sich kaum

Leseprobe

Dr. Alexander Bissels und Kira Falter

Inkrafttreten des sog. Arbeitsschutzkontrollgesetzes: Einsatzverbot für Fremdpersonal – BVerfG lehnt Eilanträge gegen das Inkrafttreten ab!

Ende 2020 ging es mit Blick auf das von der Großen Koalition geplante Einsatzverbot von Fremdpersonal in der Fleischwirtschaft – insbesondere als Reaktion auf zahlreiche Corona-Infektionen in Schlachthöfen im Sommer – nochmals hoch her. Das sog. Arbeitsschutzkontrollgesetz vom 22.12.2020 wurde im "Schnellverfahren" durch den Bundestag und den Bundesrat gepeitscht und im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I, S. 3334).

Am Ende der Beratungen und des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens stand insbesondere Folgendes fest (vgl. BTDrucksache 19/25141 v. 10.12.2020): Werkverträge in der Fleischindustrie werden ab dem 01.01.2021 verboten. Gleiches gilt grundsätzlich für den Einsatz von Zeitarbeitnehmern – allerdings erst ab dem 01.04.2021. Ausgenommen vom Verbot, Fremdkräfte im Rahmen von Werkverträgen oder im Wege der Arbeitnehmerüberlassung einzusetzen, ist das Fleischerhandwerk mit Unternehmen, die in der Regel nicht mehr als 49 Personen tätig werden lassen.

Im Bereich der Fleischverarbeitung soll bis zum 31.03.2024 der Einsatz von Zeitarbeitnehmern gem. § 6a Abs. 3 GSA Fleisch übergangsweise noch (eingeschränkt) ermöglicht werden, wenn dies in einem Tarifvertrag von den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche für den tarifgebundenen Kunden gestattet wird. Das kalenderjährliche Arbeitsvolumen der Zeitarbeitnehmer darf dabei 8% des von den eigenen Mitarbeitern des Kunden kalenderjährig erbrachten Arbeitsvolumens sowie das regelmäßige vertragliche kalenderjährliche Arbeitsvolumen von 100 in Vollzeit beschäftigten eigenen Mitarbeitern des Kunden in diesem Bereich nicht überschreiten. Ergänzend gilt, dass die Überlassungshöchstdauer in Abweichung zu § 1 Abs. 1b AÜG auf maximal vier aufeinander folgende Monate begrenzt wird. Die Anwendung der § 1 Abs. 1b S. 3 bis 8 AÜG wird ausdrücklich ausgeschlossen, so dass die genannte Überlassungshöchstdauer durch einen Tarifvertrag oder aufgrund einer Betriebsvereinbarung nicht verlängert werden kann. Auf diese (verkürzte) Überlassungshöchstdauer werden Voreinsatzzeiten des Zeitarbeitnehmers bei dem Kunden – in Abweichung von § 1 Abs. 1b S. 2 AÜG – angerechnet, wenn zwischen den Einsätzen nicht mehr als sechs Monate liegen. Der Gleichstellungsgrundsatz gilt bereits zwingend ab dem ersten Tag der Überlassung; die Anwendung von § 8 Abs. 2 bis 4 AÜG wird ausgeschlossen. Der Einsatz von Zeitarbeitnehmern ist dem Zoll in Textform anzuzeigen; gleiches gilt für dessen Ende.

Gegen die gesetzliche Regelung regte sich – insoweit wenig überraschend – Widerstand. Vor allem, aber nicht nur mit Blick auf die Arbeitnehmerüberlassung sind die o.g. gesetzlichen Einschränkungen weder verfassungs- noch europarechtskonform und damit rechtswidrig (vgl. Boemke/Düwell/Greiner/Hamann/ Kalb/Kock/Mengel/Motz/Schüren/ Thüsing/Wank, NZA 2020, 1166). Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass versucht wurde, das Inkrafttreten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes auf gerichtlichem Wege zu verhindern – das BVerfG wurde im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angerufen. Das Gericht hat in der Sache am 29.12.2020 und damit kurz vor dem vorgesehenen Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen entschieden.

Das BVerfG hat die entsprechenden Anträge auf einstweilige Anordnungen abgelehnt (Az. 1 BvQ 152/20 u.a.). In der zunächst veröffentlichten Pressemitteilung wurde für die Beschlüsse keine Begründung veröffentlicht; diese sollte vielmehr nach § 32 Abs. 5 BVerfGG gesondert erfolgen und liegt inzwischen vor.

I. Zusammenfassung der Entscheidungen

Die Antragstellenden sind Einzelpersonen und Unternehmen, die in Kernbereichen der Fleischwirtschaft tätig sind, auf die das Fremdpersonalverbot Anwendung findet. Die Antragstellerin im Verfahren 1 BvQ 152/20 ist Arbeitnehmerin bei einem Werkvertragsunternehmen und bislang in einem Betrieb der Fleischwirtschaft eingesetzt worden. Sie verliere aufgrund der neuen Regeln zum 01.01.2021 ihre Arbeit und müsse in ihr Heimatland zurückkehren. Im Verfahren 1 BvQ 154/20 und 1 BvQ 157/20 wenden sich Unternehmen der Fleischwirtschaft gegen das Fremdpersonal- sowie das Kooperationsverbot. Diese seien massiv gefährdet, da sie kein Fremdpersonal mehr für Kernbereiche einsetzen und so ihre Aufträge nicht mehr erfüllen könnten. Das wäre langfristig existenzgefährdend; sie verlören Marktanteile, wären von Insolvenz bedroht und riskierten die Übernahme durch Konzerne. Die Antragstellenden in den Verfahren 1 BvQ 153/20, 1 BvQ 155/20 und 1 BvQ 156/20 sind Inhaber von Werkvertragsunternehmen und diese Unternehmen selbst sowie ein Zeitarbeitsunternehmen, die bisher Aufträge im Kernbereich der Fleischwirtschaft erbracht haben. Sie machen geltend, dass die neuen Regeln einem Berufsverbot gleichkämen. Es bestehe keine Möglichkeit, ihre Unternehmen unter den Bedingungen des zukünftigen Rechts weiterzuführen.

Diesen Erwägungen folgte das BVerfG jedoch nicht. Gemessen an den strengen Voraussetzungen, die das Gericht in ständiger Rechtsprechung verlangt, hatten die Eilanträge keinen Erfolg.

Die Anträge in den Verfahren 1 BvQ 152/20, 1 BvQ 154/20 und 1 BvQ 157/20 seien bereits unzulässig. Die Antragstellenden hätten nicht hinreichend dargelegt, dass ihnen durch ein Abwarten bis zum Abschluss der Verfahren über die noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerden die in einem verfassungsgerichtlichen Eilverfahren geforderten schweren Nachteile entstünden. Entscheidend sei insofern, dass sie nicht in nachvollziehbarer, individualisierter und konkreter Weise dargelegt hätten, was daraus folge, wenn die angegriffenen Regelungen – wie verabschiedet – in Kraft träten. Auf eine Folgenabwägung komme es daher nicht (mehr) an.

Im Verfahren 1 BvQ 152/20 ließen die Darlegungen nicht erkennen, dass der Antragstellerin derart gravierende und irreversible Folgen drohten, die es rechtfertigen würden, ein Gesetz nicht in Kraft treten zu lassen. Die angegriffene Regelung, die es der Fleischwirtschaft untersage, im Kernbereich Fremdpersonal einzusetzen, bewirke für sie gerade kein „praktisches Verbot“ einer Berufstätigkeit, sondern verändere lediglich die arbeitsvertraglichen Bedingungen, zu denen sie diese ausüben könne. Es sei weder konkret dargelegt noch sonst ersichtlich, warum sie ihre Arbeitskraft nicht zukünftig unter den mit dem angegriffenen Gesetz geänderten Voraussetzungen erfolgreich anbieten könne. Gerade wenn die betroffenen Betriebe nicht mehr auf Fremdpersonal zugreifen könnten, erscheine es naheliegend, dass sie sich um die Einstellung der bereits eingearbeiteten Personen bemühen würden. Aus den bei Gericht eingereichten Stellungnahmen ergebe sich, dass viele Unternehmen bereits begonnen hätten, anstelle des bisher eingesetzten Fremdpersonals nun selbst Arbeitsverträge zu schließen. Insoweit sei auch nicht erkennbar, dass damit für die Antragstellerin Nachteile verbunden wären. Vielmehr wäre dann die arbeitsschutzrechtliche Verantwortung vor Ort ebenso klar wie die Lohnzahlung direkt an sie gesichert.

Die Antragsstellenden in den Verfahren 1 BvQ 154/20 und 1 BvQ 157/20 hätten ebenfalls nicht in der gebotenen Weise dargelegt, dass ihnen als Unternehmer und als Unternehmen der Fleischwirtschaft, die im Kernbereich der Produktion bislang in großem Umfang Fremdpersonal eingesetzt hätten, jedenfalls bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache gravierende, schwere oder nicht reversible Nachteile entstehen würden. Zwar seien sie in ihrer beruflichen Tätigkeit eingeschränkt, wenn sie für das Personal im Kernbereich andere Vertragsgestaltungen wählen müssten. Doch könnten sie bislang werkvertraglich oder in Zeitarbeit eingesetztes Personal selbst einstellen. Dabei stünden ihnen auch arbeitsrechtliche Instrumente, wie z.B. Arbeitszeitkonten, befristete Anstellungen oder Arbeit auf Abruf zur Verfügung, die eine gewisse Flexibilität ermöglichten. Bis zum 01.04.2021 könnten sie zudem noch Zeitarbeitnehmer uneingeschränkt und danach bis zum 31.03.2024 unter bestimmten Bedingungen einsetzen.

Die vorgetragenen Belastungen, die daraus entstünden, das bisherige Geschäftsmodell umstellen zu müssen, genügten für sich genommen nicht, um die Dringlichkeit einer Eilentscheidung gegen ein Gesetz zu begründen. Das gelte für den bloß allgemeinen Verweis auf praktische Schwierigkeiten bei der Rekrutierung und einem Einsatz vor Ort dann selbst angestellter Kräfte.



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