Heft 05/2021

Heft Mai 2021

"Blickpunkt Dienstleistung" Heft 05/21 - Inhalt

  • Ein durchwachsenes Bild

  • Dr. Alexander Bissels und Kira Falter Anwendung des Konzernprivilegs gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG - (k)ein Buch mit sieben Siegeln?!

  • GeAT AG startet Fachkräfte-Offensive unter dem Motto #wirhaltenzusammen

  • Personaldienstleistung während der Pandemie und danach

  • Lünendonk-Liste und -Studie 2021 "Führende Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland" Große Nachfrage im vierten Quartal begrenzt Umsatzrückgänge

  • Rechtsanwälte Christian Andorfer und Heiko E. Greulich Finanzgericht Hamburg lässt den Einsatz von Werkverträgen und Zeitarbeit in Fleischbetrieben wieder zu

  • 150 Teilnehmer beim iGZ-Forum Personalmanagement Sinnmöglichkeiten bieten

  • Der Anteil der Betriebe, die Corona-Tests anbieten, ist deutlich gestiegen

  • Erwerbstätigkeit im 1. Quartal 2021: Schwacher Jahresauftakt – Erwerbstätigenzahl geht leicht gegenüber dem Vorquartal zurück

  • Erfolgreiches Recruiting in herausfordernden Zeiten: Trenkwalder erneut mit BEST RECRUITERS Siegel in SILBER ausgezeichnet

  • Randstad implementiert neuen e.campus

  • Tag der Pflege: Mehr Beschäftigte in Pflegeberufen

Leseprobe

Dr. Alexander Bissels und Kira Falter

Anwendung des Konzernprivilegs gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG – (k)ein Buch mit sieben Siegeln?!

In § 1 Abs. 3 AÜG hat der Gesetzgeber Privilegierungen geschaffen, bei denen de facto eine Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt wird, die jedoch von der Anwendung der wesentlichen Bestimmungen des AÜG befreit werden. Im Rahmen der AÜG-Reform 2017 wurde der Katalog in § 1 Abs. 3 AÜG um drei auf insgesamt sechs Tatbestände erweitert, nämlich durch § 1 Abs. 3 Nr. 2a bis 2c AÜG. U.a. wurde die gerade im öffentlichen Dienst verbreitete Personalgestellung auf Grundlage des TVöD erfasst.

Für die Praxis ist dabei insbesondere das sog. Konzernprivileg nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG von Interesse. Eine solche liegt vor, wenn eine Überlassung zwischen Konzernunternehmen nach § 18 AktG erfolgt und der eingesetzte Mitarbeiter nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Wie dieser Tatbestand im Einzelnen ausgelegt wird, ist in der Praxis – auch mangels höchstrichterlicher Entscheidungen – hoch umstritten. Vor diesem Hintergrund verdient ein aktuelles Urteil des LAG Düsseldorf Aufmerksamkeit, das sich jüngst mit einem Fall befassen musste, in dem es – neben der Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung von einem Werk-/ Dienstvertrag – ergänzend um die um Anwendung des Konzernprivilegs gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ging (Urt. v. 25.01.2021 - 9 Sa 536/20).

I. Zusammenfassung der Entscheidung

Das LAG Düsseldorf führt dazu wie folgt aus: 

Sei der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Zeitarbeitnehmer nach § 9 AÜG unwirksam, gelte ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Zeitarbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen (§ 10 AÜG). Insoweit sei erforderlich, dass ein Unwirksamkeitsgrund des § 9 AÜG vorliege. Hier benenne § 9 AÜG die zwischen Verleiher und Zeitarbeitnehmer unerwünschten Vertragsgestaltungen und erkläre derartige Verträge für unwirksam. Dies wiederum setze allerdings voraus, dass überhaupt ein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vorliege. Der Kläger müsse also im Rahmen seines mit der X GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisses von dieser an die Beklagte überlassen worden sein. Kennzeichnendes Element der Arbeitnehmerüberlassung sei ein Dreiecksverhältnis: ein Arbeitnehmer werde aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung durch seinen Arbeitgeber bei einem Dritten beschäftigt. Arbeitnehmer würden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert seien und seinen Weisungen unterlägen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG sei nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG. Diese sei vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet (vgl. nur: BAG v. 27.06.2017 - 9 AZR 133/16). Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags sei die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden sei die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen werde der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiere die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibe für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterlägen den Weisungen des Unternehmers und seien dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller könne jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 S. 1 BGB ergebe, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes erteilen. Entsprechendes gelte für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge würden vom AÜG nicht erfasst.

Ein Arbeitnehmer, der die vertraglichen Vereinbarungen zwischen seinem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten nicht kenne, müsse Tatsachen vortragen, die eine Würdigung rechtfertigten, nach der der Arbeitnehmer einem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassen sei. Es sei dann Aufgabe des Entleihers, die Tatsachen darzulegen, die gegen das Vorliegen des Tatbestands aus § 1 Abs. 1 AÜG sprächen. Er genüge seiner Darlegungslast, wenn er die eine werkvertragliche Vereinbarung begründenden Tatsachen vortrage. In diesem Fall sei es nunmehr Sache des Arbeitnehmers, die Kenntnis der auf Seiten der beteiligten Arbeitgeber handelnden und zum Vertragsabschluss berechtigten Personen von der tatsächlichen Vertragsdurchführung vorzutragen.

Auf dieser Grundlage habe der Kläger mit seinem tatsachenarmen Sachvortrag nicht einmal ansatzweise die ihm aufgrund der zutreffenden Rechtsprechung des BAG obliegende Darlegungslast erfüllt [Anm.: wird weiter ausgeführt].

Zudem greife das Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ein. Selbst wenn also zwischen der Beklagten und der X GmbH ein Fall von Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen hätte, was nicht der Fall sei, wäre dies aufgrund des Konzernprivilegs tatbestandslos. Es gebe dabei Bereiche, in denen es der Beschränkungen und Kontrollen nach dem AÜG nicht bedürfe, da eine Gefährdung der sozialen Sicherheit der Zeitarbeitnehmer und eine Störung des Arbeitsmarkts ausgeschlossen werden könne. Insofern seien in § 1 Abs. 3 AÜG sechs Fälle geregelt, in denen zwar tatbestandlich eine Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit vorliege, der Gesetzgeber jedoch angeordnet habe, dass die Vorschriften des AÜG grundsätzlich keine Anwendung fänden. Es handele sich um eine gesetzliche Fiktion; inhaltlich gehe es um Fälle der Arbeitnehmerüberlassung. Das AÜG sei nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG nicht anwendbar, wenn ein Unternehmen Arbeitnehmer an eine andere Gesellschaft desselben Konzerns überlasse und der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt werde. Das Konzernprivileg solle zwischen konzernverbundenen Unternehmen Flexibilität schaffen, z.B. um auf einen schwankenden Personalbedarf reagieren zu können.

Da die beteiligten Gesellschaften unstreitig den aktienrechtlichen Konzernbegriff gem. § 18 AktG erfüllten, weil die X GmbH über die Beklagte unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sei, komme es darauf an, dass der Kläger als der überlassene Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt werde. Auch wenn sich die Formulierung seit dem 01.12.2011 geändert habe, solle die Ausnahmeregelung – wie bisher – den vorübergehenden Einsatz von Arbeitnehmern bei anderen Konzernunternehmen ohne Überlassungserlaubnis ermöglichen. Durch das Konzernprivileg würden dagegen dauernde Entsendungen von Arbeitnehmern von einem Konzernunternehmen zu einem anderen bzw. reine Verleihunternehmen in einem Konzern nicht von der Anwendung des AÜG ausgenommen. Konzerninterne Arbeitnehmerüberlassungen durch Personalführungsgesellschaften sollten nicht privilegiert werden. Aufgrund der Formulierung des Gesetzes komme es nicht allein auf den bei Abschluss des Arbeitsvertrags festgelegten Leistungsinhalt an, sondern auch darauf, dass der Arbeitnehmer später nicht zum Zwecke der Überlassung beschäftigt werde. Damit scheide die Anwendung des Konzernprivilegs aus, wenn der Arbeitgeber das Ziel habe, den Arbeitnehmer ausschließlich an andere Konzernunternehmen zu überlassen, ohne jemals wieder bei dem Vertragsarbeitgeber (Verleiher) tätig zu werden. Dabei sei es unerheblich, ob dies bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geplant gewesen sei oder sich dieser Umstand erst später nach der Einstellung ergeben habe. Werde der Arbeitnehmer dagegen auch (aber nicht ausschließlich) zum Zwecke der Überlassung eingestellt oder beschäftigt, sei dies unschädlich und wie bisher erlaubnisfrei möglich.

Hiesig sei nicht ersichtlich, dass der Kläger ausschließlich zum Zwecke der Überlassung eingestellt worden sei. Offensichtlich sei jedenfalls aufgrund des vorliegenden schriftlichen Arbeitsvertrags ein Arbeitseinsatz für die X GmbH (und damit den Vertragsarbeitgeber) geplant gewesen. Insoweit seien sämtliche vertraglichen Regelungen auf einen originären Arbeitseinsatz bei der X GmbH gerichtet. Dies zeige insbesondere die Regelung zum Arbeitsort, der sich ausdrücklich auf den Bereich des Standortes der X GmbH beziehe.

II. Bewertung der Entscheidung

abteilungen verbreiteten Annahme privilegiert § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG keinesfalls jede Form des Fremdeinsatzes konzernangehöriger Arbeitnehmer innerhalb verbundener Unternehmen. Insbesondere ist eine sog. Personalführungsgesellschaft von dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat in den Gesetzesmaterialien klargestellt,  (...)



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